Wien. Betroffene berichten, eine Diagnose sei nicht so einfach. Meist wird Autismus recht spät erkannt und dann stiefmütterlich behandelt. Es gibt in Österreich kaum Therapieplätze oder Betreuung für die Kinder in der Schule, beklagt die Diakonie. In Österreich haben laut Schätzungen etwa 80.000 Menschen eine Autismus-Spektrum-Störung. 

Vier Jahre lang hat es gedauert, bis Florian aus Wien seine Diagnose Asperger-Syndrom, eine Variante des Autismus, erhielt. Der Jugendliche hat sich bereits im Kindergartenalter von seiner Gruppe abgesondert, lieber geputzt und aufgeräumt anstatt mit seinen Klassengefährten zu spielen. Als er in eine Ganztags-Volksschule gehen sollte, konnte er nicht begreifen, warum das Schuljahr im September beginnt, für ihn war das Jahr mit September noch nicht zu Ende. Er weigerte sich und wurde als "nicht schulfähig" eingestuft. "Die Lehrer haben nicht gewusst, was sie mit mir machen sollen", erzählte Florian.

Nach unzähligen Besuchen bei Medizinern, Psychologen und Therapeuten wurde bei ihm zunächst eine Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung und dann eine Wahrnehmungsstörung vermutet. Erst am Ende der Volksschule stand die Diagnose fest. "Mir und meiner Mutter ist ein Stein vom Herzen gefallen. Das ist es!", erzählte Florian. Nun geht er in eine von der Diakonie betreute Mittelschule in der Donaustadt und ist Schulsprecher.

Eine von vielen Herausforderungen

Jutta Steidl, Präsidentin der Österreichischen Autistenhilfe, ist überzeugt, dass eine Diagnose von frühkindlichem Autismus schwierig, aber im ersten Lebensjahr möglich wäre. Wenn sich die Sprache nicht entwickelt und sich ein Kind zurückzieht, wären das die ersten Zeichen, so Steidl.

Die Schulzeit ist für Autisten eine große Herausforderung. Dennoch könnten Betroffene mit der richtigen Begleitung eine Regelschule besuchen. Die Diakonie unterstützt diese Kinder und ihre Familien bei der Frühförderung, in der Schule und später bei der Arbeit und beim Wohnen. Martin Schenk, stellvertretender Direktor der Diakonie Österreich, wünscht sich aber mehr Bewusstsein für die Krankheit, "einen Weckruf für Respekt und Achtsamkeit".

"Autisten sagen gerne die Wahrheit" 

Anlässlich des UN-Tages zur Unterstützung von Menschen im Autismus-Spektrum am 2. April forderte Schenk mehr Betreuung für autistische Menschen. Es fehlen Therapieplätze, Betreuungen in Schulen sowie Ressourcen. Für die Diakonie ist etwa eine Schulassistenz für eine Integration von autistischen Kindern sehr wichtig. Diese kann mit dem Schüler die Klasse verlassen, wenn er eine Pause braucht oder bei der Verständigung mit den Mitschülern helfen, denn es kommt leicht zu Missverständnissen und Mobbing. "Autisten sagen gerne die Wahrheit", erklärt Jutta Steidl von der Autistenhilfe. Und das kommt nicht bei jedem gut an. Oft braucht der autistische Schüler zusätzliche Erklärungen, die von dem Assistenten übernommen werden kann.

"Bei Autismus denkt jeder sofort an 'Rain Man' oder 'Monk'. Aber es ist nicht jeder Autist so", sagt der betroffene Florian. (apa)