David Bowie, Beastie Boys, Cat Power: alle erweisen dem großen Kollegen Reverenz. | Elvis ist Ikone - Dylan ist Erkenntnis und wird am liebsten als geistiger Beistand aufgerufen. | Eine Spurensuche zum 70. Geburtstag Bob Dylans am Dienstag.

Streng beobachtet Mr. Zimmerman, was da alle "Im Namen des Bobs" singen. - © Sony Music
Streng beobachtet Mr. Zimmerman, was da alle "Im Namen des Bobs" singen. - © Sony Music

"Hear this, Robert Zimmerman, I wrote a song for you / about a strange young man called Dylan / with a voice like sand and glue", eröffnet der 24-jährige David Bowie 1971 auf der LP "Hunky Dory" den "Song for Bob Dylan". In Bowies fast schüchternen Prä-Superstar-Sprachgestus gekleidet und voll genialischer Bilder einer Führerfigur, die sich ihrem Volk entzogen hat, steht es neben Joan Baez’ so ungeniert kitischigem wie gerade darum schon fast bewundernswertem "To Bobby" prototypisch für eine Serie von kritischen bis enttäuschten Dylan-Hommagen.

David Bowie wiederum sollte alsbald selbst die Lasten einer idolisierten Existenz auf die eigenen Schultern nehmen. Regisseur Todd Haynes versuchte Jahrzehnte später in seinem Film "I’m Not There" eine Art Schulterschluss der beiden, indem er den Rock-Star Dylan der mittleren 60er von einer Frau spielen lässt und somit eine Art Komplementär-Modell zu Bowies femininer "Ziggy Stardust"-Inszenierung kreiert. Diese Deutung funktioniert zwar trotz Cate Blanchetts exzellenter Darstellung nicht ganz, aber der Eindruck, dass vor allen Phänomenen der weißen Popmusik seit den 60er Jahren bereits Bob Dylan dagewesen war, bleibt trotzdem.

Elvis betet man an, von Bob Dylan lernt man

Bob Dylan ist neben Elvis Presley der mit Abstand am häufigsten erwähnte Musiker in Songtexten anderer Künstler. Er wird auf eine ganz andere Weise aufgerufen als der 1977 verstorbene Rock’n’Roll-Pionier. Elvis ist ganz Image und Ikone, die man anbetet - und sei es, um wie Jeffrey Lee Pierce in "Walking With The Beast" die Höllenhunde aus dem eigenen Inneren zu verjagen. Dylan dagegen ist Erkenntnis. In seltenen Ausnahmefällen steht auch er einfach einmal nur als Bild da, so etwa in Belle & Sebastians Refrainzeile "Don’t look back like Dylan in the movies", die sich nominell auf D.A. Pennebakers Dokumentarfilm über Dylans England-Tour 1965 bezieht und in der Dylan keine weitere, den Song-Inhalt irgendwie erhellende Rolle spielt. Im Regelfall ist Bob Dylan geistiger Beistand und universaler Welterklärer - genau so, wie ihn David Bowie darstellt: "You sat behind a million pair of eyes and told them how they saw".

In Don McLeans Klassiker "American Pie" von 1972 kommt es zu einer fiktiven Konfrontation zwischen Presley, dem "king", und Dylan dem "jester" , dem Hofnarren, der (wie auf dem Cover von "Freewheelin") einen "von James Dean ausgeborgten Mantel" trägt und eine Stimme "wie du und ich" hat (was hoffentlich nicht der Realität entspricht). Während der König wegschaut, stiehlt ihm der Hofnarr die Dornenkrone - Symbol und Preis des Ruhms in einem. Es ist hier also im Prinzip ein Macht-Wechsel geschildert. Dass dieser deutlich nicht nach McLeans Geschmack ist, hat den Songwriter für alle Zeiten der Pop-Mythologie, besonders dem Magazin "Rolling Stone", verleidet.

Kollegiale Reverenz erwiesen wurde Bob Dylan bereits in den 60er Jahren - und das bisweilen mit gleichnishaftem Charakter. John Lennon singt in "Yer Blues" auf dem "White Album" der Beatles von 1968: "I feel so suicidal just like Dylans Mr. Johns".

Die Animals erwähnen Dylan erstmals bereits 1964 im Song "Bo Diddley", in den sie ihn neben anderen Stars der Zeit wie den Ronettes, den Beatles oder den Rolling Stones integrieren. Das Quintett aus Newcastle, das Dylan besonders viel verdankt, weil es über ihn das alte Traditional vom ruinösen Puff in New Orleans entdeckte und damit einen Welthit ("House Of The Rising Sun") landete, kam noch zweimal auf den Meister zurück: 1967 erinnert sich Eric Burdon in psychedelischer Besinnlichkeit "Bob Dylan sang about the winds of change"; ein Jahr später ist in dem 19-minütigen "New York 1963 - America 1968" von der LP "Every One Of Us" vom "smiling face of unknown Bob Dylan" die Rede.

Noch mehr Namedropping als die Animals in "Bo Diddley" betreiben Simon & Garfunkel in "A Simple Desultory Philippic" (Or How I Was Robert McNamara’d Into Submission) - das allerdings mit ungleich ironischerer Schlagseite: Norman Mailer, Andy Warhol, der damalige US-Verteidigungsminister Robert McNamara, Phil Spector, Lenny Bruce und wieder die Beatles, Stones und Dylan werden da durch den Kakao gezogen. Paul Simon alteriert sich über einen Mann, der so unhip ist, dass er sich auf Dylan Thomas bezieht, wenn die Rede auf Dylan kommt, und fügt diesem Seitenhieb noch eine perfide Dylan-Paraphrase mit den Worten "It’s alright Ma. Everybody must get stoned" an.

Um 1970 aufgenommen und lange Zeit verschollen war Syd Barretts Bob Dylan Blues David Gilmore, der den großen, psychisch labilen Songschreiber als Pink Floyd-Gitarrist beerbte, entdeckte das Tape Ende der 90er Jahre. 2001 erschien der Findling auf der Kompilation "The Best Of Syd Barrett: Wouldn’t You Miss Me?" Wenngleich auch nicht gänzlich frei von einem milde ironischen Unterton - "I’m a poet / Don’t ya know it / And the wind, you can blow it / Cause I’m Mr. Dylan, the king / And I’m free as a bird on the wing", heißt es da im Refrain -, gilt der angeblich bereits 1963 geschriebene Song mittlerweile als eines der besten Dylan-Tribute.