"Something is happening / but you dont know what it is." Längst hat es sich herumgesprochen: Konzerte von Bob Dylan können außer unberechenbar sehr gerne auch rätselhaft sein. Wobei sich die vermutlich auch deshalb, also aufgrund von Erfahrungswerten nur 8500 in die Wiener Stadthalle gepilgerten Jünger seit einigen Jahren zumindest auf eine statische Setlist einstellen können, die ein wenig Sicherheit gibt. Verlässlich ging es also auch am Montag in Wien bei einem weiteren Stopp im Rahmen der seit 1988 ausgetragenen Never Ending Tour mit "Things Have Changed" los, in dem Bob Dylan als Zeugnis seiner Phase um die letzte Jahrtausendwende mit Gleichmut das Ausbrechen der Endzeit erwartet - und die Fahrt des Heimatplaneten in den Höllenschlund.
Das zur bekannten, im Konzert fernab der ersten Sitzreihen mangels Videowall aber eh nicht zu erkennenden Miene des Mannes mit dem wirren Wuschelhaar passende Selbstporträt in Form der gar nicht so erratischen Eröffnungszeile "A worried man with a worried mind" ist hier allerdings nur der Anfang und (sicher wie der Tod) nicht das Ende: "Standing on the gallows with my head in a noose / Any minute now Im expecting all hell to break loose ..."
Instagrammen verboten
Sorgen um den heute 76-Jährigen muss man sich aber zumindest deshalb nicht machen. Über Querbezüge zum Alten Testament, dem zuletzt noch um das Great American Songbook erweiterten wichtigsten historischen Dokument neben dem Mythenschatz aus dem US-amerikanischen Süden zwischen Mississippi und Baumwollfeld in Dylans Talon, war das ja schon immer so. Wahrscheinlich liegt darin auch ein Mitgrund dafür, dass bereits vor Konzertbeginn via Durchsage das strengste Fotografie- und Mitfilmverbot samt Androhung der sofortigen Delogierung verkündet wird, an das man sich in der Stadthalle seit einem Auftritt von Prince erinnert. Die Jünger kennen die alte Faustregel aus dem 2. Buch Mose als modernisierten Küchenspruch von vor dem "Blood On The Tracks"-Gedächtnisschrein: Du sollst dir kein Bildnis machen. Doch wahrlich, die Spötter sagen euch: Alte Meister hängen im Normalfall als Schinken im Museum, was wiederum heißt, dass man sie auch nicht instagrammen, whatsappen und youtuben soll. Mein Kind, hier steht zumindest eine irdische Gotthoheit auf der Bühne, die gerade vortäuscht, gar keinen Hustenanfall zu haben, sondern zu singen!