"Gut Freund mit allen Tieren und glücklich alle Zeit!" Das ist Heidi, die kleine Maid, Hauptfigur der japanisch-deutschen Koproduktion, die Ende der 1970er Jahre erstmals im deutschsprachigen Raum über die Fernsehschirme flimmerte. Mit dieser 52-teiligen Serie intensivierte sich auch die Zusammenarbeit der beiden japanischen Trickfilmzeichner Hayao Miyazaki und Isao Takahata. Sie machten sich für das Mädchen aus den Bergen in die Schweizer Alpen und nach Frankfurt auf, um genaue Studien und Fotografien von Landschaft und Architektur anzufertigen. Das war nötig, damit sie Johanna Spyris Erzählungen perfekt nachzeichnen und authentisch wiedergeben konnten.

Rund zehn Jahre nach dem Heidi-Trip gründeten die beiden in Tokio gemeinsam das Anime-Studio Ghibli. Dort wird bis heute von Hand hergestellte Anime-Kunst für Kinder (die Filme erfreuen aber auch Erwachsene) produziert, darunter auch Animes aus der Tuschfeder und Regie von Miyazaki. Er zählt mittlerweile zu den herausragenden Anime-Künstlern weltweit.

Für seinen Film "Chihiros Reise ins Zauberland", ein komplexes Märchen um ein zehnjähriges Mädchen und ihre Abenteuer in einer Fantasiewelt, erhielt Miyazaki im Jahr 2002 in Berlin den Goldenen Bären, ein Jahr später den Oscar für den besten animierten Spielfilm.

Seine Animes sind zum Teil fantastische, zum Teil einfache Geschichten mit zarten Helden. Sie bekämpfen furchterregende Dämonen, machen ökologische Katastrophen mit oder treffen auf sprechende Katzen. Surreale Szenen sind ebenso charakteristisch wie die unterschiedlichsten skurrilen Gestalten: Es wurlen kleine, schwarze Knäuelwesen über Fußböden, Lebewesen ohne Kopf oder ohne Körper wandern durchs Bild. Ein Kind wird plötzlich zum Greis, Erwachsene werden zu Schweinen, Hexen stehlen Namen und eine Prinzessin schlürft aus der Schusswunde eines Wolfes dessen Blut. Und wohl in Anlehnung an den Shintoismus zeichnet Miyazaki auch Wesen der Natur. Berühmtestes Beispiel hierfür ist Totoro, der große, kuschelige Waldgeist mit dem dicken weichen Bauch, der nicht spricht, sondern nur laut brummt und brüllt.

Unvorhersehbarkeit des Lebens

Der Film ist so schön detailverliebt, dass es fast keine Geschichte braucht: Es reichen ein geschäftiger Vater, eine kranke Mutter und zwei neugierige Mädchen, die nach dem Umzug aufs Land ihre neue Umgebung erkunden - und auf Totoro treffen, der vor allem dann zur Stelle ist, wenn die Mädchen Trost und Wärme brauchen.

Themen wie Isolation und Tod sind in Miyazakis Filmen nie weit weg. Selbst in "Mein Nachbar Totoro", in dem es weder böse Charaktere noch Konflikte gibt, trübt die Gefahr des Ablebens der Mutter den Freudentaumel der Geschwister. Miyazakis märchenhafte Geschichten nehmen gerne unerwartete Wendungen, auch ein Happy End will sich nicht immer ergeben. Seine Erzählungen sind reich an Einflüssen aus Kultur, Kunst, Tradition und Religionen Japans, jedoch ohne Rückgriffe auf ethnozentrische oder nationalistische Diskurse.