Wer ist der allerallerälteste sprachbegabte Einwohner von Entenhausen? Dagobert Duck? Oma Duck? Geh bitte, das sind doch alles Jungspunde, verglichen mit . . . na, haben Sie es erraten? Richtig: Es ist natürlich Goofy, der große schwarze Hund, der seit mittlerweile 90 Jahren an der Seite von Micky Maus das Disney-Universum unsicher macht (und zwar im wahrsten Sinn des Wortes, wenn man seine Tollpatschigkeit berücksichtigt) - und in Hundejahre umgerechnet stolze 600 ist! Also älter als die gesamte Kernfamilie Duck zusammen (nur Pluto ist noch ein bisschen älter, weil zwei Jahre früher erfunden, aber der spricht eben nicht und zählt daher hier nicht).

Goofy, wie man ihn kennt. Die markante Kleidung trägt er seit 1936.
- © Disney 20 22 / Egmont Comic Collection
Die Ducks trifft er freilich so gut wie nie - höchstens Donald und Daisy in der TV-Nebenserie "Micky Maus Wunderhaus" -, weil er ja quasi am anderen Ende von Entenhausen lebt. Dort, wo Micky Maus sich mit Kater Karlo und Plattnase herumschlagen muss, unterstützt von Kommissar Hunter (oder ist es umgekehrt?). Nur am Anfang, da war das Disney-Universum noch nicht so strikt getrennt. In den legendären Kurzfilmen der 1930er und 1940er Jahre gab es mehrere gemeinsame Auftritte des Trio Infernale Micky, Goofy und Donald. Unvergessen sind Geschichten wie das Turmuhr-Putzen, der Einsatz als Feuerwehr oder natürlich der Umzug. Goofy und das Klavier: Allein schon wegen dieser Szene muss man dem genialen Disney-Zeichner Art Babbitt dafür dankbar sein, dass er den tollpatschigen langen Lulatsch mit den übergroßen Schuhen, den langen Schlappohren, den stumpfen Reißzähnen und vor allem dem unverkennbaren kehligen Lachen quasi adoptiert und weiterentwickelt hat.
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Beinahe Oscar-Preisträger
Denn ursprünglich war Goofy ja nur ein namenloser Zuschauer in "Mickeys Revue". Bei seinem ersten Filmauftritt am 25. Mai 1932 lässt er - damals noch mit Ziegenbärtchen und Zwicker, aber schon die gewohnte Mütze auf dem Kopf - im Publikum seinen berühmten Lacher ("Ahijak!") los. Zum Glück erkannte man bei Disney das Potenzial dieser Figur und baute sie bald weiter auf und aus.

Der ganz frühe Goofy.
- © Disney 2022 / Egmont Comic CollectionFloyd Gottfredson rasierte Goofy - der seinen Namen erst 1939 bekam, davor hieß er schlicht Dippy Dawg (verrückter dämlicher Hund) - den Schnauzer und verpasste ihm ein Stummelschwänzchen. 1934 durfte Goofy in "Orphans Benefit" erstmals mit Micky und Donald slapsticken - ein wahrer Triumph. In "Der Strauß Oskar" (1936) trug er dann erstmals den markanten roten Pulli, die schwarze Weste, die weite blaue Hose, die hohe blaue Mütze und die Riesenlatschen.
Seinem Namen machte er schon damals alle Ehre, bedeutet "goofy" doch so viel wie albern oder doof. Und diese Kernkompetenz durfte Entenhausens liebenswertester Einwohner mit der größten Verwandtschaft - www.duckipedia.de listet alleine zehn Vettern und doppelt so viele Onkel auf - nicht nur in etlichen gemeinsamen Filmen mit Micky und Donald ausleben, sondern auch als Solist. Wer kennt sie nicht, die rund zwei Dutzend "How to . . ."-Kurzfilme, in denen sich Goofy als tollkühner Vorturner zum Affen macht, während die Stimme aus dem Off erklärt, wie man Basketball spielt, reitet, fischt, stabhochspringt oder Ski fährt - natürlich mit allen möglichen und unmöglichen Sportunfällen, ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit und mit einer Hingabe, die Goofy sogar eine Oscar-Nominierung eingebracht hat, nämlich für die Folge "How to Play Football". (An dieser Stelle ein kurzer Exkurs: Wenn Snowboarder oder Surfer nicht "regular", sondern "goofy" auf dem Brett stehen, dann ist - eher unüblich - der rechte Fuß vorne, so wie bei Goofy auf dem Surfbrett in "Hawaiian Holiday" aus dem Jahr 1937.)
Ein liebevoller Vater
Ja, und dann ist da natürlich auch noch der andere Goofy. Nein, gemeint ist hier nicht sein Alter Ego Supergoof, das seit 1965 dank ganz spezieller Erdnüsse im roten Strampelanzug mit blauem Cape so wie Superman fliegen und durch Wände sehen kann, unglaublich stark und unverwundbar ist, mit seinem Superpuster alles und jeden umbläst und im All und unter Wasser keinen Sauerstoff braucht.

Erdnüsse machen ihn zu Supergoof.
- © Disney 2022 / Egmont Comic CollectionSondern es geht um eine Eigenschaft, die Goofy im Grunde nahezu einzigartig macht in Entenhausen: Er ist nicht Onkel, nein, er ist (alleinerziehender) Vater. Und zwar ein richtig toller, liebevoller, wie sein Sohn Max bestätigen kann, freilich nicht ohne den gewohnten Slapstick, der sich aus Goofys Tollpatschigkeit speist.
Der Junior wurde übrigens nicht erst 1992 für die TV-Serie "Goofy & Max" samt abendfüllenden Filmen erfunden, sondern war bereits 1951 zum ersten Mal im Kurzfilm "Fathers Are People" aufgetaucht. Zugegeben, ganz einzigartig ist Goofy als Vater nicht, denn es gibt noch einen zweiten prominenten Entenhausener mit einem leiblichen Sohn: Kater Karlo - übrigens auch in der Serie "Goofy & Max". Bloß wurde Karlos langjährige Frau Trudi hier durch die wesentlich jüngere und auch schlankere Karla ausgetauscht.
Bei Goofy wiederum weiß man seit 90 Jahren immer noch nicht so genau, ob er überhaupt je eine Beziehung hatte. Die Kuh Klarabella scharwenzelt zwar seit jeher um ihn herum, aber letztlich dürfte sie dann doch eher Rudi Ross zuzuordnen sein. Und ganz ehrlich: Ein Hund und eine Kuh, das wäre selbst im Comic etwas kompliziert.
Kein Spießer, ein Lebemann
Die Rolle seines Lebens ist aber ohnehin die des ewigen Junggesellen an der Seite seines besten Freundes Micky Maus. Und hier hat Goofy eine wichtige Funktion, insbesondere in den unzähligen Geschichten im "Lustigen Taschenbuch" und im "Micky Maus Magazin", die seinen 90er/600er natürlich auch mit Sonderbänden feiern. Als klassischer Nebendarsteller dient sein recht naives Auftreten nicht zuletzt dazu, die heldenhafte Maus, die jeder ihrer Geschichten ihren Stempel aufdrückt, noch mehr glänzen zu lassen.

In den 1970ern und 1980ern hatte Goofy mit "Das große Goofy-Album: Eine komische Historie" eine eigene Albumserie, in der er verschiedene historische und literarische Personen verkörperte, etwa Leonardo da Vinci, Christoph Columbus oder Herkules.
- © Disney 2022 / Egmont Comic CollectionIm wohltuenden Kontrast zum protestantischen Arbeitseifer des kleinbürgerlichen Spießers Micky Maus, der unter der Fuchtel seiner Freundin Minnie Maus steht, lebt Goofy eher in den Tag hinein und lässt sich treiben. Stress ist ihm fremd, und übertriebenen Ehrgeiz in seinem Job als Privatdetektiv, den er gemeinsam mit Micky ausübt, kann man ihm auch nicht unbedingt unterstellen. Oft genug bringt er sich auch mit seiner naiven Leichtgläubigkeit und Unbedachtheit in Gefahr, aus der ihn dann wieder Micky retten muss.

Sein berühmtester Vetter: Indiana Goof.
- © Disney 2022 / Egmont Comic CollectionTrotz allem: Kann man sich einen treueren und selbstloseren Freund vorstellen? Eben. Deshalb: Ein Hoch auf Goofy! Wir lieben diesen Lulatsch und wünschen ihm einen langen Atem - nicht nur für die 90 Kerzen auf der Geburtstagstorte, sondern auch für viele weitere Comics.