Comics, die "Schundhefte" von einst, sind längst digital geworden. Seit Anfang der 2000er Jahre gibt es Versuche, das Leseerlebnis von Comic Books auch am PC zu realisieren, jedoch erst mit dem Aufkommen von Tablets und Smartphones zieht das Geschäft mit dem Digitalcomic an.

Vorreiter der Entwicklung sind die US-Großverlage Marvel und DC, die jeweils gut 30 Prozent Markanteile halten und die die meisten ihrer Superhelden-Printtitel auch digital zum Download bereit stellen - und zwar in unterschiedlichen Formaten. DC zum Beispiel beliefert nicht nur Amazons Kindle Store, sondern auch die in den USA führenden E-book-Händler iBookstore und Nook. Außerdem sind die Bildergeschichten via comiXology, einer Cloudplattform mit den Produkten von 75 Verlagen, abrufbar. Und auch auf der eigenen Website dccomics.com kann geshoppt werden: Die neuen Batman-Abenteuer sind da etwa zeitgleich mit der Veröffentlichung der Printtitel, aber zu einem günstigeren Preis erhältlich. Ganz ähnlich funktioniert die Vermarktung beim Hauptkonkurrenten Marvel.

Statische Filme

Rein optisch gesehen orientiert sich die digitale Version der Comics an einer erleichterten und zugleich spektakuläreren Lesbarkeit. Die Erzählweise wird filmischer: Anstatt die gesamte Comicseite mit allen Bilder auf einmal zu sehen, zoomt man via App oder am PC per Mausklick von einem Bild zum nächsten, oder auch in die Bilder hinein, sofern die Zeichner die Leser auf besondere Details aufmerksam machen möchten. Diese so entstehenden "Comic-Filme", erinnern eigentlich stark an die ursprüngliche Form des Mediums, als es zu seinen Anfangszeiten lediglich kurze Strips, also Streifen, in den Zeitungen zu lesen gab. Dadurch, dass die Macher den Blick des Lesers durch die Vorsteinstellung von Bildausschnitt und Zoom lenken können, wird das Erlebnis beim Lesen mitunter dramaturgischer und kompakter als beim Betrachten einer bunten Heftseite, bei der die Augen schnell auch mal aus der Reihe tanzen und Bilder schon betrachten, obwohl sie noch gar nicht "an der Reihe" sind. Andererseits bringt einen das digitale Comic nicht nur um die haptische Erfahrung des Blätterns, sondern ist als Hybrid und "statischer Film" nicht Fisch und nicht Fleisch.

Einige Verlage experimentieren deshalb auch mit Bewegtbild-Inhalten zwischen den Comicpanels, um mehr Dynamik beim Lesen zu erreichen. Der Weisheit letzter Schluss dürfte aber auch das nicht sein: Für digitale Kanäle ist es eben nicht genug, vorhandenes Material zu adaptieren. Die Geschichten sollten originär für dieses Medium gemacht werden, um neue Erzählperspektiven auszuloten und das Wischen tatsächlich attraktiver zu machen als das Blättern.

DC versuchte kürzlich einen neuen Zugang: Die digitale Geschichte "Batman: Arkham Origins" wurde in einem neuen Format veröffentlicht, dass es den Lesern an einigen Stellen der Geschichte ermöglicht, zu wählen, in welche Richtung die Erzählung weitergehen soll. Jedoch sind solche Experimente noch weit entfernt von der Massenpopularität, die die gedruckten Pendants im 20. Jahrhundert erreichten.

Immerhin: Die Zahlen geben der Branche vorerst recht und weisen einen Trend aus: Während auf dem Printsektor die Auflagen um bis zu 25 Prozent einbrechen, erreichen die Verlage derzeit zwischen acht und 15 Prozent ihrer Umsätze mit den digitalen Heftchen.

Der Trend kommt jedenfalls aus den USA: Europäische Comicverlage glauben noch nicht an das Digitalcomic - der deutsche Ehapa-Verlag (unter anderem "Micky Maus") hat etwa derweil nur den aktuellsten Asterix-Band als E-book verfügbar. Auch Panini-Comics stellt nur Teile seines Angebots als digitale Ausgaben bereit.