Wien. Das Lustige Taschenbuch aus dem Hause Disney ist die gängigste Einstiegsdroge in die Welt der Comics. Schon seit Generationen ist das so. Auch bei Patrick Brandstätter, 28 Jahre alt, war es nicht anders. Nach den witzigen Figuren wie Mickey Mouse und Donald Duck wandte er sich den jugendfreien Werken, wie dem Zombie-Comic "The Walking Dead" zu. Beim Lesen blieb es für Brandstätter nicht. "Ich zeichne, seitdem ich einen Stift halten kann", erklärt er. Meistens zeichnet er post-apokalyptische Szenerien. Zombie-Invasionen. Verrottende Körper. Diese lädt er dann auf seiner Facebook-Seite oder auf der Künstler-Webseite Deviant-Art hoch.

Sein aktuelles Werk trägt den Namen "Mrs. Darth Beakley" und bildet keine Zombies ab, sondern die aus Entenhausen bekannte Haushälterin Bettina Beakley als böse Sith-Anhängerin. Die Zeichnung hat er für den Comic Character Award 2015 eingereicht, Österreichs erster Wettbewerb für Nachwuchszeichner.

Brandstätter gilt damit jetzt schon als Favorit. Noch bis zum 11. September können interessierte zwischen 16 und 28 Jahren ihre Arbeiten einreichen. Sie müssen sich jedoch an die Themenvorgabe "Dark Side of the Duck" halten, eine Mischung aus den zwei heurigen Schwerpunkten der Messe, nämlich Star Wars und Entenhausen.

Normalerweise zeichnet Brandstätter für sein Studium der Bildnerischen Erziehung und Werkerziehung auf Lehramt. Oder für den Webauftritt. Manchmal bekommt er sogar kleinere Aufträge, mit denen er seine Haushaltskasse aufbessert. "Der Character Award ist der erste richtige Zeichenwettbewerb seit zehn Jahren, an dem ich teilnehme", so Brandstätter. Das Preisgeld von 1000 Euro ist natürlich ein Ansporn. Doch seine wahre Motivation liegt in der Aufmerksamkeit, die sein Werk bekommen wird. Genau für Leute wie ihn wurde der Preis ausgerufen.

"Es gibt in Österreich ein paar hundert Menschen, die sich leidenschaftlich mit dem Zeichnen von Comics auseinandersetzen, davon aber nicht leben können. Das ist sozusagen die Dunkelziffer", sagt der 50-jährige Martin Erasmus, Veranstalter der Messe Vienna Comix. Sein Ziel ist es, Aufmerksamkeit für den heimischen Comic-Markt zu erregen und Nachwuchstalente aus dem Schlummerschlaf zu wecken. "Ohne Preis kein Fleiß", scherzt Erasmus, der genau weiß, dass manchmal eine finanzielle Motivation unabdingbar ist. Deshalb wurde der Preis erstmals ausgerufen.

Kein lukratives Geschäftsfeld

"Nachwuchs-Preise finde ich ungemein wichtig. Sie bringen Werke von jungen Künstlern einem breiten, gleichgesinnten Publikum näher", drückt Brandstätter die Wichtigkeit des Preises aus. Denn genau daran fehlt es: Aufmerksamkeit. Denn in Österreich gibt es jede Menge Talent, dennoch ist Comics zeichnen kein lukratives Geschäftsfeld. Weniger als ein Dutzend Zeichner können auch davon leben. Zu den wenigen, Privilegierten gehören Nicolas Mahler und Ulli Lust. Allen anderen bietet Erasmus Zuflucht.

Auf seiner Messe gibt es Ausstellungsplätze für 80 bis 90 Zeichner. Ein Drittel davon wird Nachwuchstalenten gratis zur Verfügung gestellt. Mit dem Preis möchte man versuchen, in Zukunft diese Zahl zu erhöhen. Dafür braucht es neben dem Geld auch klare Vorbilder. Wie zum Beispiel Mahmud Asrar. Der Wahl-Wiener mit pakistanischen Wurzeln begann auch einst klein. Mittlerweile zeichnet er für Marvel, einem der größten Comic-Verlage der Welt. Er ist die personifizierte Bestätigung, dass man es schaffen kann. Dass er in der Jury für den Nachwuchspreis sitzt, soll Interessierten weiteren Ansporn geben teilzunehmen.

Wachsende Besucherzahlen

Es hat sich sehr viel verändert seit dem Herbsttag 1993, als Erasmus sich entschloss die Wiener Comic und Figuren Börse zu gründen. Der damals 28-Jährige war ein leidenschaftlicher Sammler und eigentlich wollte er einfach Teile seiner Sammlung verkaufen. Weil es keine passende Börse gab, gründete er selber eine. Erasmus lies die Messe 2013, zum 20-jährigen Jubiläum, in Vienna Comix umtaufen. In den 22 Jahren seit der Gründung wuchs die Popularität von Comics und damit auch die der Veranstaltung. Hollywood spielte dabei eine große Rolle. Nahezu alle Superhelden wurden für die große Leinwand adaptiert. 28 auf Comics basierende Filme werden zwischen 2016 und 2020 auf den Markt kommen. In einem dreimonatigen Takt werden weitere angekündigt. Sogar wenig bekanntere Figuren wie Aquaman oder Black Panther bekommen einen Film. Im Fernsehen laufen mehr als zwei Dutzend Serien, die auf Comics basieren, darunter "Gotham", "Daredevil" oder "The Flash". Dies hat dazu geführt, dass die Besucherzahlen der Börse stetig gewachsen sind. Bei der heurigen Veranstaltung am 3. und 4. Oktober werden 10.000 Besucher erwartet. Während des Events wird auch der Gewinner des Nachwuchspreises bekanntgegeben.

Comic-Schutzheiliger

Beverly Horvath ist erst 17 Jahre alt und die jüngste Bewerberin. Ihre Zeichnung versetzt Figuren aus Entenhausen in das Star-Wars-Universum. Aus Donald Duck wird Darth Don, aus seinem Neffen Track wird Jedi-Meister Troda. Mit ihrem Werk möchte sie eine Hommage an Entenhausen schaffen und eine besondere Person ehren: Don Rosa, Stargast der heurigen Messe. Jedes Jahr lädt Martin Erasmus internationale und heimische Zeichner ein, die ihre Werke präsentieren und mit den Fans plaudern können. Wie zum Beispiel Don Rosa, der wohl bekannteste Dagobert-Duck- und Entenhausen-Zeichner.

Erasmus bezeichnet Stargäste wie Rosa als "Schutzheilige". Sie sind jene, die helfen, die Popularität von Comics zu steigern. Und er ist ein Grund, warum manche Menschen einreichen, auch wenn er nicht in der Jury sitzt. "Wir haben schon 20 sehr gute Einreichungen bekommen", sagt Erasmus zum Schluss. Aus Erfahrung weiß er, dass kurz vor Einsendeschluss eine neue Welle an Einreichungen folgen wird.