Manchmal braucht man Subjektives

Gerade aktuellen Themenkomplexen, oft bereits durch Zahlen und Fakten überfrachtet, geben Werke wie "Kobane Calling" durch das bildliche Erzählen ein Stück ihrer Direktheit zurück. In dieser äußerst subjektiven Darstellung sieht Andreas Platthaus den klaren Vorteil gegenüber anderen Reportage-Formen. Der Comic rückt die persönliche Wahrnehmung seiner Macher unverhohlen ins Zentrum: "Das ist genau das, was mich bei Reportagen ja interessiert. Es ist mir sehr lieb, wenn die absolute Subjektivität der Betrachtung auch deutlich gemacht wird."

Natürlich läuft man damit immer Gefahr, dem Pathos anheimzufallen. Andererseits besteht für Platthaus genau darin auch die besondere Ehrlichkeit des Mediums: Weil der Comic keinen Anspruch der Objektivität stellt, ist das Pathos als künstlerische Gestaltungsform hier um einiges erträglicher, als wenn es zum Werkzeug populistischer Berichterstattung wird, die Emotionalisiertes als Objektives verkauft. Denn selbstverständlich können Comics niemals eine fundierte objektive Beschäftigung mit einem Thema ersetzen. Aber wen das hundertste Pressebild einer zerbombten Stadt schon nicht mehr berührt, den holen vielleicht gerade solche sensibel aufbereiteten Darstellungen aus seiner Blase.

Vom Comic-Heft
zum Regiebuch

Nicht bloß inhaltlich, sondern auch formal hat der Comic längst schon seine Kinderschuhe abgestreift. Das beweisen die zahlreichen aufwendig produzierten Verfilmungen, die die Kinos fluten. Der nächste Schritt zur allgemeinen Akkreditierung der Ernsthaftigkeit ist nun der auf die Bühne - zumindest in Wien das Epizentrum des weisen Kopfnickens und wissenden Lächelns. Mit der wohl ersten ernsthaften Comic-Inszenierung "Austrian Super Heros" schaffen Matthias Jodl und Fabian Pfleger heute (4. April) im Rabenhof Theater ein wahres Genre-Novum. Sie bringen mit den ersten vier Heften der gleichnamigen ASH-Comic-Reihe waschechte Wiener Superhelden auf die Bühne.

Hier zeigt sich die Seriosität der Auseinandersetzung weniger im inhaltlichen Verhandeln eines schweren Stoffes, als vielmehr in der Machart: das Comic als ernstzunehmende Grundlage einer theatralen Erzählweise. Wie diese aussehen kann? "Es gibt Musik und Sounds, die Schauspieler spielen zu den animierten Comic-Projektionen", verrät Matthias Jodl. Man ist also redlich bemüht, die für das Genre charakteristische ständige Wechselwirkung zwischen Bild und Text, zwischen Sagen und Meinen in der Inszenierung zu bündeln. "Es ist ein Zwischenschritt zwischen Theater und Kino", so Jodl. Ob dieser Zwischenschritt bleibende Fußspuren hinterlässt, wird sich zeigen. Doch schon der Versuch allein lässt hoffen, dass sich das Comic seiner Vernachlässigung entledigen kann.