Gezeichnet hat sie es schon vor mehr als einem Jahrzehnt, jetzt ist es bei Luftschacht erschienen: Das autobiografische Comicdebüt "Blad" der Zeichnerin und Künstlerin Regina Hofer ist ein deutliches Lebenszeichen des österreichischen Comics. In dichten Schwarzweißzeichnungen erzählt die gebürtige Oberösterreicherin über das Erwachsenwerden einer jungen Frau mit Essstörungen zwischen Anorexie und Bulimie im Mühlviertel. Im Hintergrund werden die beengten Verhältnisse auf dem Land sichtbar, denen die Ich-Erzählerin durch ihr Kunststudium in Salzburg zu entkommen sucht.

"Wiener Zeitung": Gleich zu Beginn Ihres autobiografischen Comics heißt es: "Das war ich vor ca. zwei Wochen." Später nennen Sie Ihren vollen Namen. Warum diese Direktheit und Offenheit?

Regina Hofer: Ich glaube, das ist sehr wichtig, um einen Bezug zur Person zu kriegen. Mir war es auch ein Bedürfnis, über mich zu schreiben, um mir über einiges klar zu werden. Es hat mich nicht gestört, dass da mein Name davorsteht. Das wollte ich nicht verheimlichen. Das hatte ich vielleicht auch in der Therapie so erlebt, dass man das sagen kann.

Sie haben das Buch auch für sich selbst gemacht.

Ja, das ist schon so. Allerdings, eine reine Aufarbeitung, eine Selbstfindung ist es nicht. Als ich in dem Alter war und die Essstörung sich entwickelt hat, habe ich nichts darüber gewusst. Ich kann mich noch erinnern, wie man gesagt hat, die Lady Di hatte so etwas wie Magersucht oder so. Ich bin ins Krankenhaus gekommen und habe erst dann verstanden: Ich hab’ ja auch so etwas.

Wie war es möglich, dass Sie die Essstörungen über Jahre vor der Familie geheim halten konnten?

Die Leute wollen ja zum Teil nichts davon wissen. Aber um meine Mutter in Schutz zu nehmen: Es war auch eine Zeit, in der man zumindest auf dem Land über das Thema nichts wusste. Wenn jemand gesagt hat: "Die schaut krank aus", dann hat’s geheißen: "Na, die will halt schlank sein."

Es gab also keine Sensibilität für dieses Thema?

Stimmt. Aber es wird ja auch heute noch verharmlost. Essstörungen können ja auch körperlich total gefährlich sein. Man kann einschlafen und nicht mehr aufwachen, weil das Herz extrem beansprucht wird. Ich erinnere mich, dass ich diese Angst hatte, nicht mehr aufzuwachen.

Die Angst ist sehr präsent in Ihrem Comic.

Genau davon wollte ich ein Bild zeichnen: von dem Angstgefühl. Dieses Angstgefühl kann sich in unterschiedlichen Situationen und unterschiedlich stark entwickeln. Ich bin draufgekommen, dass das ganz viel mit Trauma zu tun hat. Auch die Forschungen zu Kriegstraumata zeigen, dass die Auswirkungen die gleichen sind. Das Trauma kommt immer wieder hoch. Das gibt es bei Gewalt in der Familie oder nach einem Krieg.