
Der Ankauf der Eurofighter war nicht nur der teuerste, sondern auch einer der umstrittensten Beschaffungsvorgänge der Zweiten Republik. Von der schwarz-blauen Grundsatzentscheidung zum Ankauf neuer Abfangjäger im Jahr 2000 über die Typenentscheidung im Jahr 2002 waren die Eurofighter - nicht nur in den Wahlkämpfen - immer wieder ein Haupt-Streitthema der Innenpolitik.
Die Beschaffung
- 2000: Die schwarz-blaue Regierung beschließt Anschaffung neuer Abfangjäger.
- 11/2000: Das Bundesministerium für Landesverteidigung definiert die Leistungen der Flugzeuge auf der Basis eines militärischen Pflichtenhefts Zur Vorbereitung der Angebotseinholung werden die Unterlagen in der Folge an SAAB, Dassault, Lockheed, Boeing und EADS geschickt.
- 10/2001: Angebotseinholung für die Beschaffung von 24 einsitzigen Fliegern inklusive Option auf sechs Doppelsitzer.
- Dezember 2001: Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin.
- 31.1.2002: Die Bewertungskommission nimmt ihre Arbeit auf und stellt fest, dass keiner der drei Anbieter eine entsprechende Zwischenlösung zur Überleitung auf den neuen Abfangjäger angeboten hat. In der Folge wird die ursprünglich geplante Zwischenlösung verworfen.
- 04/2002: Die drei Anbieter legen Unterlagen zu den konkretisierten Leistungsbestimmungen vor.
- 06/2002: Die Bewertungskommission legt dem Verteidigungsminister das Endergebnis vor. Das Offert der Firma Lockheed-Martin enthält keine Imformationen zu zwei geforderten Leistungen und kann nicht gereiht werden. In der militärisch-technischen Bewertung (Nutzwertermittlung) liegt der Typhoon deutlich vor dem Gripen. Die reine Gegenüberstellung der Anschaffungskosten (Kostenwertermittlung) ergibt Kostenvorteile für den Gripen. Die Bewertungskommission empfiehlt dem Verteidigungsminister mehrheitlich (4:1), den Auftrag an EADS (Typhoon) zu vergeben.
- 2.7.2002: Entscheidung für Eurofighter als Draken-Nachfolger, Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) beziffert die Kosten für 24 Jets mit 1,791 Mrd. Euro.
- 14.8.2002: Regierung beschließt wegen des Hochwassers eine Reduktion von 24 auf 18 Stück.
- 16.5.2003: Die Regierung beziffert die Kosten für die 18 Eurofighter mit 1,969 Mrd. Euro inklusive Finanzierung und allem Zubehör. Die Gegengeschäfte sollen einen Wert von vier Mrd. Euro ausmachen.
- 1.7.2003: Der Eurofighter-Vertrag wird unterzeichnet.
- 08/2003 Der Beschaffungsvertrag tritt mit der Veröffentlichung des Budgetbegleitgesetzes in Kraft.
Die Folgen
- 27.4.2005: Sondersitzung des Nationalrats zum Thema Eurofighter
- Juni 2005: Konzept für Luftraumüberwachung und -sicherung mit 18 Eurofightern.
- Ab Juli 2005: Luftraumüberwachung mit 12 von der Schweiz angemieteten F-5
- Jahresende 2005: Österreich stellt als letztes Land die Draken außer Dienst.
- April 2006: Militärstrategisches Konzept.
- 1.10.2006: Die SPÖ wird Erste bei der NR-Wahl. Im Wahlkampf hatte sie unter dem Motto "Keine Eurofighter unter einem Kanzler Gusenbauer" den Ausstieg aus dem Vertrag versprochen.
- 30.10.2006: Der Nationalrat setzt mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ und Grünen einen Untersuchungsausschuss ein. Gleichzeitig wird die Regierung aufgefordert, die Ausstiegskosten zu eruieren. Die ÖVP unterbricht die Regierungsverhandlungen mit der SPÖ.
- 1.11.2006:Es wird bekannt, dass die PR-Firma des ehemaligen FPÖ-Bundesgeschäftsführers Gernot Rumpold und seiner Frau Erika für den Eurofighter-Deal einen Werbevertrag im Wert von fast 6,6 Millionen Euro erhalten hat.
- 8.1.2007: Die Regierungsverhandlungen enden mit der SP-VP-Einigung. Das Thema Eurofighter bleibt im Regierungsprogramm ausgespart. Der neue Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) bekommt von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) den Auftrag, mit EADS über Ausstieg oder Verbilligung zu verhandeln.
- 26.1.2007: Darabos richtet die Task Force "Luftraumüberwachungsflugzeuge" im Verteidigungsministerium ein.
- Ab März 2007: Erarbeitung verschiedener Planungsvarianten für geringere Flottengrößen; als Mindestgröße werden 12 Jets festgelegt.
- April 2007: Gespräche zwischen der Finanzprokuratur sowie Beamten des Verteidigungsministeriums und Vertretern der Eurofighter GmbH; Gespräche enden ohne Ergebnis; Darabos gibt ein Gutachten über die Ausstiegsoption beim Zivilrechtler Helmut Koziol in Auftrag.
- 6.4.2007: 87.600-Euro-Zahlung vom EADS-Lobbyisten Erhard Steininger an die Firma der Frau des für die Eurofighter-Einführung zuständigen Generalmajors Erich Wolf wird bekannt. Darabos zeigt Wolf, der im Firmenbuch als Kommanditist sowie Prokurist des Unternehmens aufscheint, wegen "des Verdachts der falschen Zeugenaussage und verbotener Geschenkannahme" an.
- 10.4.2007: "Airchief" Erich Wolf wird vorläufig vom Dienst suspendiert.
- 13.4. Zahlungen von EADS an den Wiener Fußball-Klub Rapid Wien werden bekannt. Die Gelder waren nach offiziellen Angaben normales Sponsoring für den Vereinsnachwuchs.
- 15.4.2007: Eurofighter-Sprecher Wolfdietrich Hoeveler lehnt einen Vertragsausstieg oder eine Stückzahl-Reduzierung ab.
- 17.4. Die Ausschuss-Mehrheit aus SPÖ, FPÖ und Grünen beklagt erstmals, dass bei den dem Gremium übermittelten Steuerakten umfangreiche Schwärzungen vorgenommen wurden. Finanzminister Wilhelm Molterer (ÖVP) verteidigt sein Vorgehen mit Steuergesetzen.
- 6.5.2007: Eurofighter unterbricht vorübergehend die Verhandlungen mit Darabos.In der Koalition kommt es zu Auseinandersetzungen bis hin zu Neuwahlspekulationen.
- 24.6. 2007: Unterzeichnung des Vergleiches durch den Bundesminister für Landesverteidigung und den Geschäftsführer der Eurofighter GmbH.
- 25.6.2007: Koziol-Gutachten wird veröffentlicht: Problemloser Ausstieg ohne Kosten nicht möglich. Darabos deutet Reduzierung der Stückzahl an.
- 26.6.2007: Darabos bestätigt Vergleich mit der Eurofighter GmbH. Die Stückzahl wird von 18 auf 15 reduziert. Er spricht von Einsparungen von 370 bis 400 Mio. Euro.
- 27.6.2007: Mündliche Information u.a. des Finanz-, Innen- und Wirtschaftsministers über die wesentlichen Eckpunkte des Vergleichs. Die ÖVP verkündet nach der Regierungssitzung, dem neuen Deal nicht zuzustimmen.
- 3.7.2007: SPÖ verlässt im Ausschuss die rot-grün-blaue Allianz und vereinbart mit dem Koalitionspartner ein paar Empfehlungen. Der geplante Mehrheitsbericht von SPÖ, Grünen und FPÖ kommt nicht zustande.
- 6.7.2007: Abschluss der Detailvereinbarung mit der Eurofighter GmbH; ÖVP beantragt im Nationalrat eine Rechnungshof-Prüfung des von Darabos vereinbarten Vergleichs.
- 12.7.2007: Der erste österreichische Eurofighter landet im steirischen Fliegerhorst Zeltweg.
- November 2007: Operativ-taktisches Konzept zur Sicherstellung der Luftraumüberwachung mit 15 Eurofightern.
- August 2007: Rechnungshof beginnt seine fünfte Eurofighter-Prüfung.
- Juli 2008: Mit Ende der EURO übernehmen die Eurofighter die Luftraumüberwachung; geleaste F5-Tiger werden der Schweiz zurückgegeben.
- 5.8.2008: Darabos übergibt mit Verzögerung Rechnungshof Stellungnahme zum Prüfbericht.
- 22.8.2008: Fünfter RH-Bericht wird publik: RH sieht Einsparungen von nur 267 Mio. Euro und damit um 103 Mio. Euro weniger als Darabos als gesichert an; Prüfer üben heftige Kritik an Vorgängen bei der Verhandlungsführung.
- 25. 8. 2008: Die ÖVP überlegt mitten im Nationalratswahlkampf einen Misstrauensantrag gegen Darabos. Einige Tage später spricht sich der damalige ÖVP-Klubobmann Wolfgang Schüssel auch für einen U-Ausschuss zum Reduktionsdeal von Darabos aus. Dazu kommt es nicht.
- 23. 9. 2008: Fünf Tage vor der Nationalratswahl tritt Alexander Zach, Bundessprecher des LIF, zurück und legt seine Kandidatur nieder. Grund dafür sind Vorwürfe, mit seiner PR-Agentur für den Eurofighter-Hersteller EADS lobbyiert zu haben.
- 24. 9. 2008: Die ÖVP bringt im Nationalrat einen Dringlichen Antrag zum Eurofighter-Vergleich von Darabos ein. Resultat ist ein Entschließungsantrag von ÖVP, FPÖ und BZÖ, in dem Darabos u.a. aufgefordert wird, den Empfehlungen des Rechnungshofs Rechnung zu tragen - dieser hat aber lediglich den Charakter einer unverbindlichen Empfehlung.
- 30. 9. 2008: Bei Alfons Mensdorff-Pouilly, dem Ehemann der früheren Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat (V), werden wegen Verdachts der Bestechung und der Geldwäscherei in Zusammenhang mit dem Ankauf der Eurofighter Hausdurchsuchungen durchgeführt.
- 18. 10. 2008: Die Staatsanwaltschaft will die Vorkommnisse rund um den 2002 erfolgten Ankauf der Eurofighter neu aufrollen. Darabos sagt seine Unterstützung zu.
- 30. 3. 2009: Das Finanzministerium bestätigt die Überweisung von 250 Mio. Euro des Eurofighter-Herstellers an die Republik. Die Rückzahlung ergab sich durch die Reduktion der Stückzahl von 18 auf 15 und die Abbestellung von Zusatzfunktionen.
- 8. 5. 2009: Die Eurofighter bestreiten ihren ersten Einsatz mit Überschallgeschwindigkeit. Zwei Jets fangen zwischen Wien und dem Neusiedler See eine russische Passagiermaschine ab, zu der der Funkkontakt verloren worden war.
- 13. 5. 2009: Es wird bekannt, dass die Kostenschätzungen für den Ausbau des Militärflugplatzes Zeltweg im Zuge der Anschaffung der Eurofighter von 47 auf 160 Mio. Euro gestiegen sind. Das Verteidigungsministerium beauftragt eine Untersuchungskommission.
- 15. 5. 2009: Darabos lädt die Wehrsprecher aller im Nationalrat vertretenen Parteien für 10. Juni zum Fliegerhorst Hinterstoisser nach Zeltweg ein.
- 24. 9. 2009: Der 15. und damit letzte Eurofighter landet in Zeltweg.
- 29. 3. 2011: Die Staatsanwaltschaft Wien stellt das Strafverfahren gegen den vom Dienst suspendierten, mittlerweile pensionierten "Airchief" Wolf, dessen Ehefrau, den EADS-Lobbyisten Erhard Steininger und das Ehepaar Gernot und Erika Rumpold ein.
- 09/2011: Die Staatsanwaltschaft interessiert sich für Herbert Scheibner (FPÖ, dann BZÖ) gerät als Verteidigungsminister (2000 bis 2003). Es geht um dubiose Geldflüsse rund um den Eurofighter-Ankauf.