Ein Twitter-Account mit 32 Millionen Followern, ein Musikalbum mit dem Titel "Wake Up!" und ein Konterfei auf dem Cover des "Rolling Stone": Für viele ist Papst Franziskus - neben dem Oberhaupt der katholischen Kirche - eine Art klerikaler Rockstar. Aktuell ist er deshalb auch zentrale Figur der Performance von Marta Navaridas und Alexander Deutinger im Rahmen des Impulstanz-Festivals: In "Pontifex" wollen sie die verschiedenen Rollen des Pop-Papstes ausloten.
Technisches Equipment und drei davor knieende Kapuzengestalten markieren einen vielversprechenden Anfang: Deutinger rezitiert verklärt, Navaridas kritzelt auf einem Tablet und Adina F. Camhy untermalt das Ganze mit Elektro-Sounds. Was vielleicht eher wie ein autistischer Sitzkreis klingt, entwickelt doch eine gewisse Kraft und verfremdet die Europarede des Papstes zur elektronischen Klangfläche. Die schwelende Techno-Mystik geht schließlich in einen schillernden Reigen aus Soundeffekten mit choreografischen Einsprengseln über.
Doch dieser sichtlichen Freude am Experimentieren fällt im Laufe des Abends die inhaltliche Substanz zum Opfer. Zugegeben: Welche klerikalen Bilder vom Kreuz bis zur Selbstgeißelung performativ mit ein paar Schläuchen abgearbeitet werden können, ist erstaunlich. Auch die Kollekte Navaridas auf Sprungstelzen mit Fischernetz und eine ferngesteuerte Friedenstaube lassen schmunzeln. Die Art der Auseinandersetzung mit dem Pontifex bleibt aber bis zuletzt unklar: Kritik oder Klamauk? Oder vielleicht doch eine Hommage?