Wien/Rabat. Der mehr als ein halbes Jahr dauernde Flug zum Mars stellt nicht nur enorme Herausforderungen an die Technik, sondern auch an Astronauten - "auch bei Fragen wie der alltäglichen Hygiene", erklärte der Astrophysiker Gernot Grömer vom Österreichischen Weltraum-Forum (ÖWF) am Montagabend bei einer Veranstaltung in Wien. Bei einem Feldversuch in der marokkanischen Wüste im Februar will das ÖWF die Bedingungen für Astronauten in einem Raumanzug auf dem Mars simulieren und dabei auch zum Thema Hygiene Erkenntnisse sammeln. Eines steht für Grömer aber schon fest: "Für den Marsflug zahlt sich eine Waschmaschine aus."
Ein bemannter Flug von der Erde zum Mars würde 200 Tage dauern, der Rückflug ebenfalls. "Allein die saubere Alltagskleidung für die Astronauten erfordert einiges an Logistik", sagte Grömer. Auf der Internationalen Raumstation ISS wird Einwegkleidung verwendet. "Die schmutzige Kleidung kommt in einen luftdichten Plastiksack und wird mit dem Müll in die Umlaufbahn geschossen, wo dieser beim Wiedereintritt verglüht", erläuterte der Experte. Zwar gäbe es schon einen Waschmaschinen-Prototypen für die Schwerelosigkeit, aber bei den relativ kurzen Distanzen zwischen ISS und Erde sei die Versorgung mit neuer Einwegwäsche ökonomischer. Bei einer mehrjährigen Mission wäre die Waschmaschine klar zu bevorzugen, so Grömer.
Mars-Mission und verunreinigte Proben
Es geht aber nicht nur um die persönliche Hygiene der Astronauten, sondern auch um Gefahren für die Raumfahrer und die Missionsziele. Da eine der Aufgaben einer Mars-Mission die Suche nach Spuren von Leben wäre, müsse darauf geachtet werden, dass Bodenproben nicht durch die Raumfahrer mit biologischem Material von der Erde kontaminiert werden. Dafür gäbe es laut Grömer theoretisch verschiedene Methoden. Die simpelste sei die Reinigung des Raumanzugs von Hand zwischen den Außeneinsätzen. Eine zweite Möglichkeit wäre ein Außenanzug, der an der Außenhülle angedockt ist und so nie in Kontakt mit dem Inneren des Raumschiffs käme. Die dritte Möglichkeit wäre eine spezielle Kunststoffschicht, die vor jedem Einsatz auf die Außenhülle des Raumanzugs gesprüht wird und diesen steril einschließt. "Dies ist momentan noch Science-Fiction", meinte der Astrophysiker.
Im Wüstenversuch will man auch neue Erkenntnisse zur Hygiene im Raumanzug gewinnen. "Ein durchschnittlicher Arbeitseinsatz im Anzug dauert vier bis fünf Stunden und ist von der Anstrengung mit einem Halbmarathon vergleichbar", so Grömer. Da das Innere des Anzugs ein in sich geschlossenes Ökosystem ist, könne man untersuchen, welche Mikroorganismen sich darin bilden. Erkrankungen der Raumfahrer bleiben ein Restrisiko: "Zum einen ist das Immunsystem in der Schwerelosigkeit weniger effizient, zum anderen haben die Mikroorganismen durch die Strahlung im Weltraum eine erhöhte Mutationsrate und werden so schneller resistent." Die Reiseapotheke eines Raumfahrers ähnelt laut Grömer daher einer terrestrischen: "Kopfschmerztablette, Pflaster, Breitbandantibiotika und einige auf jeden Astronauten speziell abgestimmte Medikamente."
Die Infektion der Astronauten mit potenziellen Mars-Keimen sei ein sehr geringes Risiko. Viel größer sei die Gefahr, dass Erd-Keime auf dem Mars Fuß fassen. "Die Mikroorganismen auf der Erde haben jede nur erdenkliche biologische Nische ausgefüllt und Orte bevölkert, die wir noch vor zehn Jahren für absolut steril hielten", so Grömer. "Wir haben sogar Organismen in Kühlbecken von Atomkraftwerken gefunden."
Im Februar will das ÖWF eine einmonatige Mars-Simulation in der Wüste Marokkos durchführen. Drei "Analog-Astronauten" sollen in den Raumanzugsimulatoren "Aouda X" Tätigkeiten ausführen, wie sie auch später auf dem Mars erledigt werden könnten. Insgesamt sind 17 Experimente - auch in Zusammenarbeit mit der NASA und der ESA - geplant.