Wien. Große Galaxien wie die Milchstraße werden von kleineren Sternsystemen umkreist. Diese Satellitengalaxien zeigen aber Eigenschaften, die der Theorie der Existenz von "Dunkler Materie" als dominierende Masse im Universum widersprechen. Eine internationale Forschergruppe, darunter Astronomen aus Wien, schlägt in einem Fachjournal deshalb ein alternatives Geburtsszenario für Satellitengalaxien vor.

Die sichtbare Materie, also Galaxien, Sterne und Planeten, trägt lediglich knapp fünf Prozent zur berechneten Massen- und Energiedichte des Universums bei. Um den großen Rest zu erklären, haben die Physiker die Dunkle Materie (23 Prozent) und die Dunkle Energie (72 Prozent) postuliert.

Bisher ist noch nicht direkt nachgewiesen, dass es diese rätselhafte Substanz bzw. Energie gibt. Dennoch berufen sich Kosmologen für viele anders nicht erklärbare Phänomene gerne auf die "Dunkle Materie" - etwa auch bei der Entstehung der Satellitengalaxien.

Geordnetes Umkreisen wirft Fragen auf

Wenn dem so wäre, müssten diese aber zu Tausenden weit verteilt und unorganisiert die Muttergalaxien umlaufen. Tatsächlich sind die kleinen Sternsysteme, die man bisher nur um Milchstraße und Andromeda-Nebel erkennen kann, aber auf riesige Scheiben konzentriert und bewegen sich darin in die gleiche Richtung, so wie die Planeten die Sonne umkreisen.

Um die Milchstraße herum sind die Satellitengalaxien in einer fast polaren, dünnen Scheibe, der sogenannten "Disk of Satellites", angeordnet und bilden mit Sternhaufen und Sternströmen die "Magellansche Ebene". Auch rund um Andromeda liegt die Hälfte aller Satellitengalaxien in einer Ebene, der "Great Plane of Andromeda". "Dieser Befund ist unerwartet und stellt ein wirkliches Problem dar", wird Marcel Pawlowski von der Case Western Reserve University in Cleveland (USA) in einer Aussendung der Uni Wien zitiert.

Auch ein anderes mögliches Entstehungsszenario für die Satellitensysteme"konnten wir in der Untersuchung ausschließen", sagte der Astrophysiker Gerhard Hensler von der Universität Wien gegenüber der APA. Dabei würden fadenförmige Strömungen von "Dunkler Materie" und Gas zu den "Disks of Satellites" führen.

Entstehung durch Zusammenstoß?

Die Wissenschafter schlagen deshalb in ihrer im Fachjournal "Monthly Notices of the Royal Astronomical Society" erscheinenden Arbeit für die Satellitensysteme ein anderes Entstehungsszenario vor. Sie gehen von der Kollision zweier großer Galaxien sehr früh im Universum aus. Von derzeit zu beobachtenden Galaxienkollisionen und -verschmelzungen wissen die Astronomen, dass dabei weite Gezeitenarme entstehen, in denen Gas und Sterne herausgerissen werden. Aus dem Gas können neue Sterne und in Folge Galaxien entstehen. "Diese Gezeiten-Zwerggalaxien bewegen sich zwangsläufig in einer gemeinsamen Bahnebene, bergen aber noch viele Geheimnisse", so Hensler.