Die Ukraine kann nach Einschätzung der Vereinigten Staaten den Krieg gegen Russland gewinnen, allerdings nur mit der richtigen Ausrüstung und Unterstützung. Das sagte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin, der am Montag mit US-Außenminister Antony Blinken in Kiew war.

"Der erste Schritt zum Sieg ist der Glaube daran, dass man gewinnen kann", so Austin. Davon sei die Ukraine überzeugt. Russland müsse hingegen weiter geschwächt werden. Durch den Krieg habe das Land bereits "viele militärische Fähigkeiten eingebüßt" und viele Soldaten verloren, fügte der Minister hinzu. "Wir wollen, dass Russland so weit geschwächt wird, dass es zu so etwas wie dem Einmarsch in die Ukraine nicht mehr in der Lage ist." Und Blinken sagte: "Was die Kriegsziele Russlands betrifft, so ist Russland bereits gescheitert, und die Ukraine hat bereits Erfolg gehabt."

Starkes Signal: US-Minister Blinken (r.) und Austin (l.) bei Präsident Selenskyj in Kiew. 
- © reuters

Starkes Signal: US-Minister Blinken (r.) und Austin (l.) bei Präsident Selenskyj in Kiew.

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In Moskau ist man mehr als verärgert: "Wir haben betont, dass es inakzeptabel ist, wenn die USA Waffen in die Ukraine liefern. Wir haben ein Ende dieser Praxis gefordert", sagte der russische Botschafter in den USA, Anatoli Antonow. Zuvor hatte Moskau gewarnt, dass die Unterstützung der Ukraine durch den Westen den Krieg unnötig in die Länge ziehen würde. In einer geharnischten offiziellen diplomatischen Notiz an Washington hieß es jetzt, Waffenlieferungen verschlimmerten die Situation und verschärften den Konflikt.

Guterres in Moskau und Kiew

Austin und Blinken trafen in Kiew den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Die beiden US-Minister sagten weitere Militärhilfen in Höhe von 700 Millionen Dollar zu. Davon sollen etwa 300 Millionen Dollar für Waffenkäufe verwendet werden.

Am Dienstag wird UN-Generalsekretär António Guterres zu Gesprächen mit Präsident Putin in Russland erwartet. Anschließend soll er in die Ukraine reisen, um dort Präsident Selenskyj zu treffen.

Bei der Donbass-Offensive der Russen zeichnet sich in der Zwischenzeit keine Entscheidung ab, wie Markus Reisner, Experte des österreichischen Bundesheeres, betont. Die Ukrainer halten im Großen und Ganzen ihre Stellung, die Russen erzielen bis jetzt nur punktuell räumlich begrenzte Erfolge. "Es ist noch nicht gekippt, es gibt derzeit noch keinen Gamechanger", so Reisner. "Eines ist aber auch klar: Die Handlungsfähigkeit bei der Offensive liegt bei den Russen." Das Ziel sei es, die Ukraine mürbe zu machen und praktisch zu vernichten. Für die Ukraine spreche, dass das Tauwetter angefangen habe und das Gelände immer schwieriger zu befahren sei.

Den Ukrainern sei zudem durch die Zerstörung eines wichtigen russischen Gefechtsstands bei Cherson, bei der erneut zwei russische Generäle getötet worden sein dürften, wieder ein großer Schlag gelungen. Je länger der Widerstand halte, desto nachteiliger sei das für die Russen, denn die Ukrainer bekämen immer mehr Waffenlieferungen und die Russen nützten sich ab. Für eine Gegenoffensive aber sei die Ukraine noch immer nicht im Stande.

Für die Russen gelte der 9. Mai nach wie vor als Tag des Sieges, die große Parade werde bereits vorbereitet. "Was auch immer man bis dahin erreicht hat, wird als Erfolg präsentiert und kommuniziert werden", so Reisner.

Was die geschätzten 2.000 Soldaten und 1.000 Zivilisten, die sich im Stahlwerk Asowstal in Mariupol verstecken, angeht, stuft Reisner deren Lage als dramatisch ein. Sie dürften zwar wahrscheinlich noch zu essen und trinken haben, weil sie sich im Vorfeld offenbar darauf vorbereitet hatten, "aber für die Verwundeten ist die Lage in den Katakomben katastrophal".

Am Montag kamen aus Russland Meldungen über ein brennendens Öllager rund 150 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt. Es gab keine unmittelbaren Hinweise darauf, dass das Feuer mit dem Krieg in der Ukraine zusammenhängt. Die Regierung in Kiew äußerte sich zunächst nicht.(apa/reuters/afp)