Am Strand rieselt er durch die Zehen. Ist er trocken, sinken die Füße ein. Wird er vom Meer umspült, ist er schön fest. In der Mittagssonne kann er die Fußsohlen verbrennen - in der Nacht ist er hingegen kühl bis kalt. Wer sich auf ihn legt, fühlt sich sanft gebettet. Er wird aufgehäuft und in der Sekunde vom Wasser weggespült, rinnt durch die Finger und lässt sich zu Burgen klopfen: Sand ist der einzige Stoff, der sich verhält wie Flüssigkeit, Festkörper und Staubkorn zugleich. Wenn wir den Tag am Strand verbringen, ist er überall: auf der Haut, unter den Nägeln, in den Haaren und in der Badetasche. Und in den Gehäusen von Mobiltelefonen und Kameras.

7.500.000.000.000.000.000 - oder 7,5 Trillionen Sandkörner liegen auf den Stränden der Welt. Diese Zahl haben Forscher der Universität Hawaii errechnet. Doch nicht nur an den Küsten von Pazifik-Staaten und Südseeinseln, des Mittelmeers oder der Adria ist der Sand allgegenwärtig. Sondern er findet sich in Sedimentbecken, Gletscher-Moränen, mäandrierenden Flüssen und deren Ufern, auf dem Seegrund, am Meeresboden und nicht zuletzt in den Wüsten der Welt, wo er unter bestimmten Bedingungen mysteriöse Töne erzeugt: Man nennt ihn "singenden Sand". Seine vielfältigen Eigenschaften machen den Sand neben Wasser und Wind zum meistgenutzten Rohstoff der Erde. Das natürliche, unverfestigte Sediment besteht überwiegend aus Mineralkörnern von 0,063 bis 2 Millimeter Größe, somit sind sie gröber als Schluff und feiner als Kies. Der Begriff gilt für alle mineralischen Zusammensetzungen.

"Sand ist fast so alt wie die Erde", sagt Christopher Lüthgens vom Institut für Angewandte Geologie der Universität für Bodenkultur in Wien. Seit sich das erste magmatische Gestein, etwa Granit oder Gneisen, verfestigt hat und wieder abgetragen wurde, gibt es Sand. "Durch Verwitterung zerfielen Felsen in Blöcke, Blöcke in kleineres Gestein, dieses zu Kies und dieser schließlich zu jenen feinen Mineralkörnern, die von Flüssen und Wind transportiert werden", erläutert Lüthgens, der das Alter von Sand in Sedimenten erforscht. Irgendwann landet das meiste Material im Meer und sinkt ab, sedimentiert, wird wieder aufgeschmolzen und bei der Bildung von Gebirgen gehoben. Der Sand bildet sich ständig neu.

Goldgelb, rosa schimmernd,
küpfergrün und schwarz

Über den Daumen gepeilt entstehen jede Sekunde eine Milliarde Sandkörner. Auch Korallenkadaver und Muschelschalen, tote Schnecken und Tintenfische liefern Material. Auch der korallenfressende Papageienfisch liefert den Nachschub für Traumstrände, und zwar mit seinen Exkrementen. "Ein großes Exemplar produziert eine Tonne Sand im Jahr", sagt der britische Geologe Michael Welland in einem Bericht im "Tagesspiegel".