Kitzbühel/Wien. (art) Wer an Sandsportarten denkt, meint zunächst einmal Beachvolleyball; Sonne, Strand und Meer. Entsprechende Anlagen sind in den vergangenen 25 Jahren, vor allem im Sog der erstmaligen Austragung bei Olympia in Atlanta 1996, wie die Schwammerl aus dem Boden geschossen, bei Olympia 2016 in Rio de Janeiro zählte die Sportart zu den Publikumsmagneten. Mit einem Sandkasten lässt sich die Copacabana mehr oder weniger einfach in jede beliebige Stadt zaubern, zu sehen etwa beim Vienna Major auf der Donauinsel in der kommenden Woche. Beachsoccer und -handball liegen mittlerweile ebenfalls im Trend, schließlich kann kaum eine Sportart nicht auf Sand betrieben werden. Dabei gibt es eine, die schon viel länger auf einer Art Sand gespielt wird - und die ab diesem Wochenende internationale Sport-Stars nach Österreich locken wird. Die Tennis-Generali-Open in Kitzbühel sind nach den Erste-Bank-Open in der Wiener Stadthalle Österreichs größtes Tennis-Turnier.

Doch auch abseits davon ist Österreich - wie der Großteil Kontinentaleuropas und Südamerikas - im Tennis ein Land der Sandplätze. Auf mehr als 7000 Sandplätze, die im österreichischen Tennisverband für den Wettkampfbetrieb erfasst sind - wobei es auch hier unterschiedliche Arten gibt -, kommen nur knapp 100 Kunstrasen- und gar nur 13 Hartplätze.

Dabei ist sowohl der Aufbau als auch die Pflege eines Sandplatzes eine komplexe Angelegenheit. Unter der rund zwei bis drei Zentimeter tiefen Deckschicht aus feinkörnigem Ziegelmehl befinden sich mehrere weitere Schichten aus unterschiedlichen Materialen, darunter eine Drainage und Kies beziehungsweise Schotter zur Wasserabrinnung. Die Deckschicht muss jährlich erneuert werden und verschlingt pro Platz leicht einmal zwei Tonnen Sand. Regelmäßiges Abziehen des Platzes, um die Spuren und Löcher zu beseitigen sowie die Moosbildung einzudämmen, sind ebenso unabdingbar wie eine anständige Bewässerung, damit die Staubbildung nicht überhand nimmt, der Sand sich verfestigt und die Schichten miteinander verbunden bleiben.

Auch das Spiel auf Sand hält besondere Herausforderungen bereit, nicht wenige der besten Tennisspieler der Welt haben schon damit gehadert. Boris Becker und Pete Sampras etwa schafften es bei all ihren sonstigen Erfolgen nie, bei den seit 1891 auf Sand ausgetragenen French Open zu triumphieren; Roger Federer erst einmal, 2009, und Maria Scharapowa fühlte sich auf Sand gar "wie eine Kuh auf Eis", wie sie einst sagte, ehe sie 2012 und 2014 doch in Roland Garros gewann.

Kraftraubend, aber gelenksschonend

Obwohl oder gerade weil Sand durch die Reibung beim Ballkontakt der langsamste Belag ist, erfordert das Spiel darauf besondere Fitness wegen der längeren Ballwechsel, einen mitunter anderen Bewegungsablauf - ein Spezifikum ist das Rutschen - und taktische Finesse. Wer es schafft, die Bälle lang zu spielen, den Gegner mit Winkelbällen und Topspin aus dem Feld zu treiben und dann auch noch die Geduld aufbringt, einen Punkt doppelt und dreifach zu machen, hat meist die besten Chancen. Thomas Muster, 1995 in Paris Österreich erster und bisher einziger Grand-Slam-Sieger im Herren-Einzel, war so jemand; ein Paradebeispiel der aktuellen Generation ist der elffache French-Open-Gewinner Rafael Nadal. Der Spanier hat sich zwar längst vom Sandplatzspezalisten zum Allrounder entwickelt - parallel dazu werden einander die Beläge immer ähnlicher -, seine besondere Liebe gilt aber nach wie vor dem Sand. Seinen kraftraubenden Spielstil bezahlte er mit zahlreichen Blessuren - gerade für Hobbyspieler und Einsteiger ist Sand aber in gesundheitlicher Sicht der empfohlene Belag. Durch die darunter befindliche Schlacke werden die Schritte abgefedert, das Rutschen verhindert abruptes Abstoppen. Ein Nachteil freilich: Die roten Flecken wird man nicht so bald los. Aber auch das gehört eben irgendwie dazu.