In Mallorca wird der Meeresgrund in Küstennähe regelmäßig von Seegras befreit. Dieses ähnelt nämlich Algen und stört viele der Urlaubsgäste beim Badespaß. Doch ähnlich wie die Wurzeln eines Baumes die Erde unter ihm festhalten, hält auch das Seegras den Sand fest und verhindert, dass er abgespült wird. Seitdem das Seegras ausgerissen wurde, wird auch der Sand immer schneller von den Wellen abgetragen und in die Weiten des Meeres gespült.

Das Verschwinden der Strände stellt aber weniger ein ökologisches als ein ökonomisches Problem dar. Viele strandnahe Städte bauen ihren Wohlstand auf dem Tourismus auf. Rund um die Strände wurden Hotelburgen oder teure Appartements erbaut. Doch ohne den Sand vor ihren Füßen sind sie alle so gut wie nichts wert. Da man Hotels jedoch nicht so einfach mit den sich ständig bewegenden Stränden verlagern kann, setzt man vielerorts alles darauf, den Sand dort zu halten, wo er ist. Teilweise auch mit recht kurios anmutenden Maßnahmen.

Striktes Handtuchverbot

Der Gemeinderat von Stintino, einem Badeort an der Nordwestküste Sardiniens, hat etwa erst vor Kurzem ein striktes Strand- und Badehandtuchverbot erlassen. Auch werden die Badenden dazu verpflichtet, sich vor Verlassen des Strandes gründlich die Füße abzuspülen. Wer sich nicht an die neuen Regeln hält, kann mit einer Strafe von 25 bis 1500 Euro rechnen. Der Grund für das strikte Vorgehen: Laut Berechnungen der Universität der Balearen in Mallorca schleppt jeder Badegast unfreiwillig rund 30 Gramm Sand vom Strand mit nach Hause. Was nach einer Kleinigkeit klingt, summiert sich jedoch sehr schnell zu beträchtlichen Mengen, wenn man die Tausenden von täglichen Strandbesuchern bedenkt. Nur in einer Hochsaison verlieren etwa die Strände von Mallorca auf diese Art hochgerechnet dutzende Tonnen an Sand.

Doch selbst wenn alle Badegäste nach dem Strandbesuch sorgfältig ihre Handtücher abklopfen und ihre Füße waschen würden, wären die Strände noch nicht gerettet. Denn der Großteil des Sandes wird nicht von unvorsichtigen Touristen abgetragen, sondern von Meer und Wind. Diese natürlichen Vorgänge lassen sich aber schwer verändern. Hier springt der Mensch ein, um sich gegen die natürlichen Entwicklungen zu stemmen.

Die beliebteste Methode, die Strände mit neuem Sand zu versorgen, lässt sich auf der deutschen Insel Sylt beobachten. "Vorspülung" nennt sich das Verfahren, bei dem riesige Schiffe mit Schläuchen den Sand vom Meeresboden saugen und an die Küste spritzen, wo er von Bulldozern platt gefahren wird. Jährlich erhält der schwindende Strand von Sylt auf diese Art eine Infusion von 1,2 Millionen Kubikmetern neuem Sand, der ihn am Leben erhält. Die Auswirkungen auf das Ökosystem sind dabei weitestgehend unerforscht. Der aufgewirbelte Sand vom Meeresboden färbt das Wasser in Küstennähe trüb und gefährdet große Teile der Meeresfauna, meinen Umweltschützer.

In den USA sind Verfahren zur Stranderhaltung schon lange zur Routine geworden. Virginia Beach etwa ist schon bis zu 50 Mal restauriert worden. Dabei werden jedes Mal tonnenweise LKW-Ladungen mit frischem Sand herangekarrt, um den Strand wieder aufzufüllen. Zwischen 1970 und 2013 hat die US-Regierung insgesamt über 3,7 Milliarden Dollar in insgesamt 469 Strandaufschüttungen investiert. Dass es sich dabei um keine langfristige Lösung handeln kann, ist den Behörden bewusst. Die Restaurationen werden jedes Jahr teurer und auch das Schwinden des Strandes beschleunigt sich. Künstliche Strände erodieren zehn Mal schneller als natürliche. Denn der Sand, der vom Meeresboden geholt wird, ist weitaus runder und feiner und wird deshalb leichter von Wind und Stürmen abgetragen. Auch Wüstensand eignet sich aus denselben Gründen nicht ideal für Tourismusstrände. Doch noch mangelt es an Alternativen. Und noch viel teurer käme es zu stehen, würde man die Strände einfach verschwinden lassen.