Tag für Tag fertigt Michele Airone als Endbahnhofsvorstand in einem kleinen italienischen Küstendorf den einzigen Zug ab, der morgens abfährt und abends wieder ankommt. Sonst tut sich nichts im Leben des Dreißigjährigen, der seit dem Tod des Vaters mutterseelenalleine (im wahrsten Wortsinn) im Bahnhofshäuschen wohnt - umgeben nur von verschiedenen Gegenständen, die Fahrgäste verloren und Michele gefunden hat. Seine Mutter hat nämlich die Familie verlassen, als er sieben Jahre alt war - und seither hat er nie wieder von ihr gehört.

Die wundersame Reise eines verlorenen Gegenstands von Salvatore Basile - © (c) Verlagsgruppe Random House GmbH, Muenchen
Die wundersame Reise eines verlorenen Gegenstands von Salvatore Basile - © (c) Verlagsgruppe Random House GmbH, Muenchen

Bis eines Tages zuerst die fünfundzwanzigjährige Elena in sein Leben tritt, weil sie eine Puppe verloren hat und ihn danach fragt und kurz darauf völlig überraschend sein altes Tagebuch im Zug auftaucht, das seine Mutter einst mitgenommen hat, als sie auf Nimmerwiedersehen verschwand. Es folgt, was folgen muss: Elena (die selbst einen ordentlichen emotionalen Rucksack zu tragen hat) versucht Michele aus seinem Schneckenhaus der selbstgewählten Isolation herauszuholen. Und Michele macht sich mit ihrer Hilfe auf die Suche nach seiner Mutter, um endlich Antworten auf Fragen zu finden, die er sich mehr als zwanzig Jahre lang gar nicht erst zu stellen getraut hat.

Beides erweist sich freilich als sehr schwierig. Denn vor allem Michele steht sich selbst ziemlich im Weg. Elena und er sind wie zwei Magnete, die einander prinzipiell anziehen, aber ständig in die falsche Richtung gehalten werden. Wie ein Zwillingsgestirn kreisen sie umeinander, scheitern aber Mal um Mal daran, sich einander tatsächlich anzunähern. Und auch die Sache mit der Mutter ist natürlich gehörig verzwickt.

Salvatore Basile erzählt eine große Liebesgeschichte (in zweifacher Hinsicht) mit viel Schmalz. Die herzzerreißende Rührseligkeit ist aber in diesem Fall kein Schaden, sondern zieht de Leser von Anfang bis Ende in ihren Bann. Immer wieder lockt das Versprechen, dass es jetzt endlich gut werden könnte - und dann driftet Michele doch wieder von Elena weg in seiner unbeholfenen, unbedarften Art, die gleichzeitig durch neue Eindrücke außerhalb der Einsamkeit eine große Entwicklung durchmacht. Und am Ende wird es dann auch noch richtig gefährlich - zumindest ein bisschen. Salvatore Basiles Romandebüt geizt dabei auch nicht mit bittersüßer, feinsinniger Ironie.