"Auf über dreißig Bühnen im Lande laufen fast hundert verschiedene Shows und jede Menge anderer Projekte", sagt die Direktorin des World Shakespeare Festivals, Deborah Shaw. Allein in Stratford hat die dort ansässige Royal Shakespeare Company in ihren drei Theatern zwölf Neuinszenierungen für diesen Sommer vorbereitet. Von hochkarätigen Eigenproduktionen wie der berühmten "Schiffbruch-Trilogie" des Barden bis hin zum Gastspiel der brasilianischen Companhia BufoMecanica, mit ihrer akrobatisch-furiosen Zirkus-Darbietung "Zwei Rosen für Richard III.", reicht das Repertoire. Stratford ist aber nur "das Herz" der Festivitäten. In vielen Städten werden kleine und große Shakespeare-Überraschungen geboten. Wohin man schaut, kommt man schon jetzt an Shakespeare nirgends mehr vorbei in England. Radio und Fernsehen haben sich nicht lang bitten lassen. Für Blogger, Tweeter und Facebook-Friends ist ebenfalls gesorgt. In London droht schon vor Beginn der Olympischen Spiele ein wahres Shakespeare-Fieber auszubrechen.

Nationaltheater, Barbican, Tate Modern und Royal Opera House wollen das ihre zum Dichterfest beitragen. Das Britische Museum startet im Juli eine große Shakespeare-Ausstellung. Das Ganze, schmunzelt der scheidende künstlerische Direktor der Royal Shakespeare Company, Michael Boyd, habe sich "zum größten Bühnenfestival ausgewachsen, das es wohl jemals gab in der Geschichte". Boyd war es, der die Mega-Show mit den Verantwortlichen für die "Kulturelle Olympiade" vereinbart, der das World Shakespeare Festival überhaupt erst in Gang gesetzt hat. Es sei fantastisch gewesen, dass die Royal Shakespeare Company bei ihren Bemühungen "auf eine so große und bereits existierende Künstlerfamilie, weit übers Vereinigte Königreich hinaus, zurückgreifen konnte", meint Festival-Koordinatorin Shaw. Zu Beginn der intensiven Planungsphase vor zwei Jahren sei sie einmal auf einem Atlas all die Teilnehmer-Nationen der Olympischen Spiele durchgegangen - und habe festgestellt, "dass wir an über 200 Orten Schauspieler und Theater-Produzenten kannten, die dort arbeiteten und lebten".

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Wichtigstes Jahr - nach 1564

Seit damals ist Shaw durch die Welt gereist, hat Aufführungen besucht, Einladungen ausgesprochen, Neues angeregt, Besuche arrangiert. Auf eine Million Besucher hofft das Provinzstädtchen Stratford, das sich und seine Schwäne auf dem Avon mit "seinem" Shakespeare durch die Rezession zu retten sucht. Denn Shakespeare ist alles, was man in Stratford kennt - und zu einem günstigeren Zeitpunkt als heute könnte kein Shakespeare Festival kommen. 2012, meinen die Stratforder, könne das zweitwichtigste Jahr in der langen Geschichte des Ortes werden.

Das wichtigste war 1564 - das Geburtsjahr seines weltberühmten Sohnes. Der Umgang anderer Völker mit Shakespeare, wie er in diesem World Shakespeare Festival deutlich werde, erlaube auch den heimischen Hütern des Shakespeare-Erbes einen frischen Blick, meint Shaw. "Alles klassische Theater ist ja ein Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Wenn unser Festival-Programm von einer Philosophie getragen ist - dann wohl von dieser."

Kann Stratford, die Museumsstadt, kann ein auf seinen Shakespeare stolzes Großbritannien mit diesem Anspruch ihres Festivals leben, mit ihm fertig werden? "Ich selbst habe kein Interesse an Theater als einem Museumsstück", sagt Deborah Shaw. "Interesse habe ich an Künstlern, die auf die Welt um uns herum reagieren. Und die uns helfen, uns selbst zu verstehen."