Zum Hauptinhalt springen

"Entscheidende Schritte"

Von Jan Michael Marchart

Sterbehilfe

In der letzten Sitzung der Enquete "Würde am Ende des Lebens" wird über ein Sterbehilfeverbot in der Verfassung diskutiert.


Wien. Heute, Freitag, findet die letzte Sitzung der von der Regierung initiierten Enquete-Kommission zum Thema "Würde am Ende des Lebens" statt. In dieser wird es um die bessere Vermarktung der Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht gehen, aber auch um eine Verankerung des derzeit noch einfachgesetzlichen Sterbehilfeverbots in der Verfassung.

SPÖ, Grüne und Neos dagegen

Die ÖVP hat das seit Beginn der Kommission Anfang November vehement gefordert. Damit dürfte sie sich aber in die Ecke manövriert haben. Denn dafür bräuchte sie eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat. Die wird es aber wohl nicht geben. SPÖ, Grüne und Neos lehnten ein solches Verbot in der Verfassung bisher dezidiert ab. Auch ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka geht nicht davon aus, dass die Volkspartei von den anderen Fraktionen in dieser Frage Unterstützung bekommt.

Im Regierungsprogramm heißt es zwar, dass es ein "nachhaltiges Bekenntnis zum Verbot der Tötung auf Verlangen" geben soll. Aber einerseits lässt diese Formulierung Deutungsspielraum zu. Andererseits ist ein Sterbehilfeverbot in der Verfassung nur als "Möglichkeit" angeführt. Die "Wiener Zeitung" berichtete bereits im November darüber.

Rechtssicherheit für Ärzte

Vor allem aus rechtlicher Sicht könnte ein solches Verbot problematisch werden. Dieses würde Ärzte nämlich zunehmend in ihrer Arbeit einschränken, meinen Juristen. Die Abstufungen der aktuellen Gesetzgebung wären dann nur noch schwer umsetzbar.

Für die Bioethikkommission fehlt schon bei den gegenwärtigen Begriffspaaren aktiv-passiv und direkt-indirekt die Rechtssicherheit für Mediziner. Um Klarheit für Ärzte zu schaffen, möchte sie den Begriff "Sterbehilfe" grundsätzlich vermeiden und wie folgt unterscheiden: Aktive, passive und indirekte Sterbehilfe sollen durch die Termini Sterbebegleitung, Therapie am Lebensende und sterben lassen ersetzt werden. Hinzu kommt die Mitwirkung am Selbstmord sowie die Tötung auf Verlangen. Beides ist in Österreich verboten und wird mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis fünf Jahren versehen.

Ein Sterbehilfeverbot in der Verfassung scheint also vom Tisch gewischt. Aber was ist das Ergebnis aus den vorherigen Sitzungen der Kommission? Einig waren sich Politiker wie Experten darüber, dass die Hospiz- und Palliativbetreuung flächendeckend ausgebaut werden muss. Auch einen einklagbaren Rechtsanspruch im Sozialversicherungsgesetz soll es in Zukunft darauf geben.

Am Geld dürfe es dabei nicht scheitern. Dieser Satz wurde sowohl von Politkern als auch von Experten im Laufe der Kommission bedient. Für Michael Chalupka, Direktor der Diakonie Österreich, ist es nur eine Frage der politischen Priorität, ob in Hospiz- und Palliativbetreuung investiert wird. Denn "für das Sicherheitspaket wurden kürzlich bis zu 290 Millionen Euro eingeplant". Chalupka hoffe, dass die Kommission "entscheidende Schritte in der Finanzierung und im Ausbau der palliativ-medizinischen Versorgung und der Hospizarbeit in Österreich bringen wird".

210 Millionen Euro ab 2020

Beim geplanten Vollausbau der Hospiz- und Palliativeinrichtungen ab 2020 rechnet der Dachverband für Hospiz mit rund 210 Millionen Euro an jährlichen Kosten. Derzeit würden 321 Betten, 237 mobile Teams und sechs Tageshospize bis zum Jahr 2020 fehlen. Bis Ende 2015 sollten schon erste Weichen gestellt und die Qualität in allen Einrichtungen und Teams, die nicht voll ausgestattet sind, auf ein einheitliches Niveau gebracht werden. Priorität hat außerdem die Versorgung von Kindern. Die Ausbau-Etappe bis 2016 wird vom Dachverband Hospiz mit Zusatzkosten von 36,7 Millionen Euro beziffert. Die Gesamtkosten werden sich der Rechnung zufolge auf 146,7 Millionen Euro belaufen; auf der Preisbasis von 2013, Tendenz steigend.

Nur sechs Prozent sorgen vor

Für die Finanzierung wird es außerdem wichtig sein, dass die zerfahrenen Zuständigkeiten gelöst werden. Sowohl an das Gesundheits- und Sozialministerium sind derzeit Kompetenzen verteilt als auch zwischen Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherung. Hier wird eine einheitliche Linie angestrebt.

Die Tendenz geht ganz klar in Richtung Selbstbestimmung. Dazu gehört auch die Patientenverfügung sowie die Vorsorgevollmacht, wovon nur sechs Prozent der Österreicher bisher Gebrauch machen. Mit dem Vorsorgedialog des Dachverbands Hospiz soll sich das ab Mitte des Jahres zumindest in Pflege- und Altenheimen bundesweit ändern.

Die großen Baustellen im Endbericht, der für das Frühjahr angesetzt ist, werden also die Finanzierung des Ausbaus, die Verteilung der Kompetenzen sowie die bessere Kommunizierung der Vorsorginstrumente sein.