Wien. Top besetzt ist die Tagung für Sprach- und Konferenzdienste (IAMLADP), die diese Woche in Wien in der UNO-City stattfindet. Den Vorsitz hat die hochrangige Diplomatin, Catherine Pollard. Die "Wiener Zeitung" konnte während der Veranstaltung diese "Grande Dame" der Vereinten Nationen für ein Gespräch gewinnen und erfuhr auch einiges über ihren eigenen Werdegang, die Rolle Wiens als UNO-Stadt, die Rolle der Frau und eine mögliche Generalsekretärin.

- © UNIS Vienna/Nikoleta Haffar
© UNIS Vienna/Nikoleta Haffar

"Wiener Zeitung": Glauben Sie eigentlich, dass der normale Bürger weiß, was hier in diesem Gebäudekomplex vorgeht?

Catherine Pollard: Wahrscheinlich nicht. Tatsächlich kommt hier die Internationale Gemeinschaft mit all ihren Botschaften und permanenten Missionen zusammen. Die Vereinten Nationen bringen Wien in das Scheinwerferlicht der Welt. Man weiß sehr wohl, dass zum Beispiel in New York große Aufregung vor einer UN-Generalversammlung herrscht. Genauso ist es in Wien vor großen Konferenzen. Es werden immer berühmte internationale Persönlichkeiten aus der Politik erwartet. Zweifelsohne ist es eine Tatsache, dass internationale Kulturen die lokale bereichern, und genau das macht Wien bedeutsam.

Ist Wien für Sie eine internationale Drehscheibe?

Wien ist als eines unserer Hauptquartiere ein wichtiger Partner, Unterstützer und Gastgeber. Sie, eine meiner Lieblingsstädte in Europa, ist das zu Hause der UNO und anderen Organisationen wie die IAEA oder Unido. Man muss wissen, dass für Konferenzen der Gebäudekomplex neben den UN-Organisationen auch den Nicht-UN-Organisationen zur Verfügung steht. Wien ist ideal, um noch mehr hochrangige UNO-Konferenzen hierher bringen. Die österreichische Regierung gibt auch dahingehend Anreize. Ich denke hier nur an die vor 18 Monaten geführte Konferenz für Entwicklungsländer ohne Meereszugang, bei der Österreich den Vorsitz hatte.

Was sind Ihre Kernaufgaben?

Konferenzmanagement geht zurück zu den Gründungszeiten der UNO. Die Gründungsväter haben sich entschlossen, Kriegsschauplätze gegen Konferenzsäle zu tauschen. Nun reden die Mitgliedsländer der Vereinten Nationen in den sechs offiziellen Amtssprachen miteinander. Mit der Simultanübersetzung und Bereitstellung von Information in sämtlichen Formaten sehen wir uns als Mittler. Und tragen so einen Teil dazu bei, die Säulen der UNO, Weltfriede, Sicherheit, Entwicklung und Menschenrechte, zu bewahren. Sie haben eine riesige Verantwortung. Tatsächlich gibt es heuer noch mehr Meetings und Tagungen auf höchstem Level weltweit als im Vorjahr. Es kommt schon vor, dass wir budgetäre Engpässe haben. Aber: Wir können noch immer unsere Leistung erbringen. Gleichzeitig müssen wir in die Zukunft planen und Spezialisten, vor allem was Sprachen anbelangt, anwerben.

Die Vereinten Nationen liefern einen Beitrag zur interkulturellen Verständigung?

Absolut. Dies impliziert auch Sprachen. Österreich ist deutschsprachig. Da nun Deutsch keine offizielle Arbeitssprache der UNO ist, sorgen wir dafür, dass es die geeignete Übersetzung je nach Bedarf gibt. Ähnlich in New York, wo wir besondere Vereinbarungen haben, um das Deutsche adäquat zu übersetzen. Für die UNO ist es ungeheuerlich wichtig, unsere Ideale quer durch alle Bereiche zu kommunizieren. Das macht es echt.

Sie kennen die Welt?

Durch sämtliche Etappen in meiner Karriere bin ich viel gereist. Ich war in Einsätzen vor Ort, in friedenssichernden Missionen unterwegs und habe dort gesehen, wie Menschen von der UNO profitieren. Ich hatte das Glück, in abgeschiedene Länder reisen zu können, um bei der Implementierung einer UNO-Mission dabei sein zu können. So wurde mir völlig bewusst, dass eben nur wir dort sind und niemand sonst. Und das macht den Unterschied. Die UNO macht den Unterschied. Jetzt arbeite ich etwas weiter weg von dieser Praxis, sozusagen auf operationaler Ebene, die aber komplementär ist. Auf meinen Dienstreisen pendle ich oft zwischen den UNO-Hauptquartieren.

Was halten Sie von der Gender-Kluft? Versuchen Sie als Frau, andere Frauen zu fördern?

Wo wir jetzt in den Vereinten Nationen stehen und der Verpflichtung zur Geschlechtergleichstellung, müssen wir uns eingestehen, dass wir diese noch nicht erreicht haben. Das heißt aber nicht, dass der Wille oder die Intention nicht vorhanden ist. Unser Generalsekretär hat sich dieser Angelegenheit sehr verschrieben. Die Situation ist eigentlich viel besser als zuvor, aber es gibt Aufholbedarf. Ich selbst bin eine starke Befürworterin der Gleichstellung von Mann und Frau. Obwohl ich mit beiden Geschlechtern zusammengearbeitet habe, ist mir die Förderung von Frauen ein persönliches Anliegen. Und es liegt im Verantwortungsbereich einer Frau, all jene zu unterstützen, die gerade diese Karriereleiter emporsteigen. Das berührt mich zutiefst.

Ban Ki-moons Amtszeit endet mit dem Jahr 2016. Momentan gibt es elf Kandidaten, darunter fünf Frauen, die sich für das Amt des Generalsekretärs der Vereinten Nationen beworben haben. Hätten Sie gerne eine Frau für diesen Posten?

Aber natürlich, eine Frau wäre gut. Das würde mir sicherlich gefallen, da es wenige Frauen in Spitzenpositionen gibt. Ich bin beispielsweise die erste Frau in meinem Job. Jedoch befindet sich die Welt in solchem Umbruch und ist voller Herausforderungen, dass ich der Überzeugung bin, dass nur der oder die Beste den künftigen Generalsekretär stellen sollte. Ungeachtet ob es eine Frau oder ein Mann ist.