Wien. "Das kann man mit Vernunft nicht erklären", sagt ein Wiener Pensionist, während er vom "View Point" aus mit einem Fernglas auf die Geisterstadt Varoscha schaut. Varoscha ist ein Teil von Famagusta, das im Osten der Insel Zypern liegt. Seit der Invasion der Türken im Jahr 1974 ist die Tourismushochburg der 1960er Jahre Sperrgebiet, die Insel gespalten. In einem sieben Minuten lang dauernden Film wurde den Pensionisten gerade die Geschichte der Insel nähergebracht. Danach geht es zum Hafen in Agia Napa und anschließend wird eine Erdbeerfarm besucht; Früchte-Verkostung für die Pensionisten inklusive.
Die Pensionisten sind Teil einer Reisegruppe, die das Frühjahrstreffen des SPÖ-nahen Pensionistenverbands Österreich besuchen. Allein 1500 sind es in dieser Woche. Genauso viele waren es jeweils in den vergangenen vier Wochen. Sechs Hotels mit Vollpension, bis zu 39 Reisebusse, sechs Ausflugsziele, Kofferservice, ärztliche Betreuung, Rückreiseversicherung. Alles um rund 950 Euro. Ein alle Jahre wiederkehrendes Angebot der "Seniorenreisen", das Reisebüro des Verbandes. Jedes Jahr steht eine andere Destination auf dem Programm. Eine immer beliebtere Art des Reisens für Pensionisten, wie die Buchungszahlen laut der Geschäftsführerin Gerlinde Zehetner zeigen. Und das nicht mehr nur für Sozialdemokraten. Mittlerweile fahren sogar Mitglieder des Seniorenbundes der ÖVP mit.
Gemeinschaft wieder wichtiger
"Wäre ja auch deppert, wenn sie es nicht machen würden - es ist ja ein ganz normales Reisebüro", meint Peter K. dazu. Er bekennt sich trotzdem zu seiner SPÖ-Nähe. Der leger mit schwarzen Jeans und schwarzem T-Shirt bekleidete Penzinger hat sich mit anderen Wiener Pensionisten in die Hotellobby gesetzt. Es ist das Hotel Anastasia im Feriengebiet Protaras, am südöstlichen Teil der Insel. Der Ausflug ist vorbei. Gleich gibt es Abendessen. Die Gruppe ist für 19.45 Uhr eingeteilt. Gutes Essen ist den Pensionisten wichtig. Jetzt meldet sich Johann P. zu Wort. Für ihn handle es sich hier auf jeden Fall um die angenehmste Art zu reisen, vor allem, weil er schon zu den älteren Semestern zählt, meint er und richtet sich sein kurzärmeliges Jack-Wolfskin-Hemd.
"Im höheren Alter wird Gemeinschaft wieder wichtiger. Und hier kann ich gemeinsam mit meinen Freunden sein. Da kümmert sich auch jeder um jeden. Es gibt immer spannende Gesprächsthemen, es gibt immer was zum Lachen, es rennt der Schmäh und man lernt auch viele neue Leute kennen. Das habe ich zu Hause in Wien nicht in dieser Form. Und es gibt viele Pensionisten, die überhaupt niemanden mehr haben, da tut Gemeinschaft gut", sagt Johann P.