Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, nach der Wahl fast euphorisch ("Die Amerikaner haben sich für Wandel, Offenheit und Optimismus entschieden"), mahnt die Europäer jetzt zur Nüchternheit: "Obamas Aufgabe ist es, die US-Interessen wahrzunehmen und nicht, den Europäern Geschenke zu machen."

Vieles deutet darauf hin, dass Obama sich anders als sein Vorgänger George W. Bush stärker um eine Einbeziehung der Europäer in politische Entscheidungen bemühen wird. Ein Riss zwischen beiden Seiten des Atlantiks wie im Streit um den Irak-Krieg soll unbedingt vermieden werden. Ein "Ende des Unilateralismus und einer Kooperation zwischen Gleichen" erwartet der christdemokratische Fraktionschef im Europaparlament, Joseph Daul. Von einem "Neubeginn" spricht der deutsche Christdemokrat Elmar Brok, Vorsitzender des außenpolitischen Ausschusses des Europaparlaments, ein Ende des "einseitigen, spalterischen Herangehens an Sicherheitsfragen" beschwört auch der sozialdemokratische Fraktionschef Martin Schulz.

"Kooperation zwischen Gleichen" bedeutet jedoch - wie Obama im Juli vergangenen Jahres vor der Siegessäule in Berlin klar machte - dass die Europäer auch gefordert sind. Zunächst müssen sie sich wohl schon in diesem Monat Gedanken darüber machen, ob sie Häftlinge aus dem Gefangenenlager Guantanamo aufzunehmen bereit sind - und falls ja: wie viele. Das Lager will Obama, wie von vielen Europäern lange gefordert, jetzt schließen lassen.

Die zweite, deutlich größere Herausforderung, kommt spätestens am 5. März auf die Europäer zu. Dann wird die neue US-Außenministerin Hillary Clinton bei einem NATO-Treffen in Brüssel die Europäer fragen, wie viele zusätzliche Soldaten sie denn eigentlich nach Afghanistan schicken wollen. Denn Obama will die Zahl der US-Soldaten in Afghanistan deutlich verstärken. Derzeit stellen die USA alleine in der von der NATO geführten Schutztruppe ISAF rund 23.000 von insgesamt 55.000 Soldaten. Wenn das US-Kontingent in diesem Jahr anwächst, sollen auch die Europäer mehr tun. Schwierige Diskussionen stehen bevor.

NATO-Oberbefehlshaber Bantz Craddock, ein US-General, hat bereits Zahlen genannt: Zusätzliche 20.000 Soldaten fehlten. Neben Clinton bleibt der fordernde US-Verteidigungsminister Robert Gates der wichtigste Gesprächspartner der Europäer: Er ist der einzige Bush-Minister, der bei Obama weiterregieren darf.

Veränderungen der US-Haltung erhoffen die Europäer vor allem in der Klimapolitik. Hier hat Obama die Bereitschaft der USA erklärt, deutlich mehr für alternative Energien zu tun und sich konstruktiv an der nächsten UN-Klimakonferenz im Dezember in Kopenhagen zu beteiligen. Botschafterin Silverberg warnt allerdings vor zu großen Erwartungen: Maßnahmen gegen Treibhausgase müssten gut für die Umwelt, aber auch wirtschaftlich verkraftbar sein.

An den zentralen Prioritäten der auch für Europa wichtigen US-Außenpolitik soll sich nichts ändern: Obama ist wie Bush für die Zwei-Staaten-Lösung im Nahost-Konflikt, die auch von der EU unterstützt wird. Und am Eintreten für Israels Recht auf Sicherheit wird sich auch nichts ändern. Das Gleiche gilt für den Versuch, eine Atommacht Iran sowohl mit Sanktionen als auch mit Anreizen zu verhindern. "Die neue Regierung hat vielleicht andere Methoden, um diese Ziele zu erreichen, einen anderen Stil und eine andere Geschwindigkeit, aber der Rahmen der US-Außenpolitik ist parteiübergreifend ziemlich festgeschrieben", sagt Silverberg.

Vor allzu großen Erwartungen an Obama warnte auch schon der slowakische Regierungschef Robert Fico. Seinen Landsleuten sagte er zum Wechsel im Weißen Haus: "Deswegen wird das Brot nicht billiger."