Die kurze Grußbotschaft stammt von dem Menschen, der noch am Tag zuvor im Weißen Haus gewohnt hatte: George W. Bush. Was genau in den an Obama gerichteten Zeilen steht, ist nicht bekannt, nur soviel: Bush wünscht Obama alles Gute, wenn dieser ein neues Kapitel in der Geschichte der Vereinigten Staaten aufschlägt.
Gut möglich, dass Obama beim Lesen der Kurznachricht in aller Stille noch der Kopf saust, von dem ohrenbetäubenden Jubel des Vortags. Als die Massen mit Kind und Kegel zu seiner Angelobung nach Washington gekommen waren. Sogar der republikanische Ex-Vizepräsident Dick Cheney scheute keine Mühe und kam krankheitsbedingt im Rollstuhl, um seinem Nachfolger Joe Biden in der feierlichen Zeremonie sein Amt zu übergeben.
Der Stellvertreter hat es nicht leicht, sich im Schatten der Lichtgestalt Barack Obama öffentliche Aufmerksamkeit zu verschaffen. Dabei ist Joe Biden, der neue US-Vizepräsident, ein politisches Schwergewicht, dessen Handschrift in der künftigen Politik erkennbar werden dürfte.
Biden bringt einiges in den inneren Machtzirkel mit, was dem künftigen Präsidenten noch fehlt. Seine außenpolitische Erfahrung ist in Jahrzehnten gewachsen. In seinen 36 Jahren im Senat hat sich Biden intime Kenntnisse als Strippenzieher im Washingtoner Kongress angeeignet, er könnte als Obamas Kontaktmann zum Parlament eine Schlüsselrolle im Machtgetriebe spielen.
Ansonsten dürfte der neue Präsident für sein Amt gewappnet sein. Neue Erkenntnisse werden da wohl auch nicht auf Bushs Nachricht an Obama zu finden sein. Der weiß schon, was ihn vom ersten Tag an erwartet.
Der 47-Jährige Obama will seinen "Tag 1" im Amt symbolisch aufwerten und früh viele wichtige Entscheidungen treffen. Etliche Lobbygruppen erwarten von dem Staatschef die schnelle Umsetzung einer neuen Politik. Niemand wird seine Arbeit dabei wohl aufmerksamer verfolgen als die Gegner des Krieges im Irak, der seit fast sechs Jahren andauert.
Wirtschaftsthemenverdrängen Krieg
Das Thema Irak wurde allerdings im vergangenen Jahr nach und nach von den wirtschaftlichen Problemen verdrängt, und Obama hat sich selbst einen Spielraum dafür eingeräumt, wie schnell er die Truppen aus dem Irak abziehen will. Eine Rolle dürfte dabei auch Afghanistan spielen, wo der neue Präsident das US-Engagement verstärken möchte, um gegen radikalislamische Taliban zu kämpfen.
Der Krieg im Irak wird nur eines von vielen Themen an dem arbeitsreichen Tag sein, der mit einem offiziellen Gottesdienst in der National Cathedral in Washington beginnt. Obama und seine Frau Michelle empfangen zudem hunderte Besucher im Weißen Haus. Interessenten konnten sich im Internet um eine Karte bemühen. Obama will so zeigen, dass seine Regierung besonders bürgernah ist.
Natürlich wird Obama mit seinen Beratern über die Wirtschaft sprechen, die unter der Rezession leidet. Auch die Finanzkrise und die schleppende Kreditvergabe durch Banken sind längst nicht ausgestanden.
Obama hat zudem angekündigt, das Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba so bald wie möglich zu schließen und schon in der ersten Amtswoche eine entsprechende Anordnung zu erlassen. Eine schnelle Schließung ist trotzdem unwahrscheinlich, weil nicht geklärt ist, was mit den verbliebenen 250 Gefangenen passieren wird.
Auch andere Entscheidungen der Regierung von George W. Bush werden von Obama voraussichtlich rückgängig gemacht: Der Staatschef will etwa äußerst umstrittene Verhörmethoden verbieten. Dazu zählt das sogenannte Waterboarding, bei dem der Verhörte das Gefühl hat zu ertrinken.
In Zukunft wird sich wohl der Geheimdienst CIA an die Regeln der Streitkräfte zur Befragung von Gefangenen halten müssen. Ob davon Ausnahmen in besonderen Fällen erlaubt sind, wird noch diskutiert. Ebenso wie die Möglichkeit, die Verantwortlichen für die Folterungen - inklusive Vorgängerregierung - gerichtlich zu belangen.
Vielleicht ist Bushs nette Nachricht auch ein kleiner Denkanstoß, von solchen Vorhaben abzusehen, das Kapitel abzuschließen und der neuen Ära entgegenzugehen.
Zur Person
Barack Obama wurde am 4. August 1961 als Sohn eines schwarzen kenianischen Austauschstudenten und einer weißen Amerikanerin auf Hawaii geboren. Dort wuchs er die ersten Jahre auf. Nach der Trennung der Eltern heiratete die Mutter einen Indonesier und die Familie zog nach Jakarta, wo Obama bis 1971 zur Schule ging. Danach wuchs er bei seinen weißen Großeltern auf Hawaii auf.
1983 macht er den Bachelor in Politikwissenschaft an der Columbia University in New York. Danach ging er nach Chicago, wo er 1985-88 als Sozialarbeiter arbeitete. Anschließend studierte er drei Jahre Jus an der Eliteuniversität Harvard, wo er 1991 seinen Abschluss machte. 1992-2004 lehrte Obama an der Universität von Chicago Verfassungsrecht - und bereitete sich auf seine politische Karriere vor.
Er arbeitete in einer kleinen Kanzlei, die sich auf Bürgerrechte spezialisiert hatte. 1996 schaffte er den Sprung in den Senat des Bundesstaates Illinois, 2004 in den US-Senat in Washington. 2008 gewann er die Wahl zum US-Präsidenten und wurde am 20. Jänner 2009 angelobt.