Barack Obama kam aus dem Nichts, überwand das Establishment der Demokratischen Partei, siegte über alle Zweifel an seiner Person und bekämpfte die in Teilen der Öffentlichkeit bestehenden Vorbehalte gegen seiner Hautfarbe erfolgreich. In seinem Wahlkampf spielte Geld kaum eine Rolle, weil ihm von allen Seiten die Spenden zuflossen. Jetzt aber sieht sich Obama mit einem gigantischen Haushaltsdefizit konfrontiert, während die USA in eine schmerzliche, möglicherweise länger dauernde Rezession gehen.

Seit Franklin D. Roosevelt stand kein Präsident der USA bei seinem Amtsantritt vor derart großen Schwierigkeiten. Roosevelt hatte vier Monate Zeit, um ein Programm gegen die "Great Depression" zu entwickeln, ehe er am 4. März 1933 sein Amt antrat. Obama hat gerade zweieinhalb Monate Zeit, um seine Regierung zu bilden. Die Amtseinführung ist am 20. Jänner 2009.

Unterstützung bekommt Obama dadurch, dass er mit bequemen Mehrheiten im Repräsentantenhaus und im Senat regieren kann. Er muss aber ein Land führen, das eher konservativ als liberal ist, und zugleich den Erwartungen des linken Flügels der eigenen Partei gerecht werden. Erster Prüfstein werden die Forderungen nach einem schnellen Truppenabzug aus dem Irak sein. Obama hat einen Rückzug versprochen, will dabei aber nichts überstürzen.

Die Wähler bekamen einen ersten Eindruck von dem zu erwartenden Regierungsstil des neuen Präsidenten, als im Oktober die Wall Street einbrach. Obama reagierte überlegt und vorsichtig. Das ist vielleicht genau der Ansatz, den die Amerikaner nach acht Jahren unter George W. Bush jetzt wollen, dessen Amtsführung von Kritikern als Cowboy-Politik bezeichnet wurde.

Obama muss damit rechnen, dass er für die Rezession verantwortlich gemacht wird, auch wenn er das Schlamassel von Bush geerbt hat. Die Arbeitslosigkeit liegt jetzt bei 6,1 Prozent und soll im nächsten Jahr auf 7,5 Prozent steigen. Pessimistische Verbraucher haben ihre Ausgaben eingeschränkt. Und die Pfeiler der sozialen Sicherung - Medicare, Medicaid und Social Security - stehen vor gewaltigen finanziellen Problemen.

Der Start mit einem großartigen Sieg im Rücken garantiert keinen Erfolg. Der Demokrat Lyndon B. Johnson gewann 1964 mit 61 Prozent der Stimmen. Aber in den letzten beiden Jahren seiner Amtszeit brach seine Regierung im Vietnamkrieg zusammen.

Mit der Wahl Obamas zum 44. Präsidenten der USA hat Amerika einen historischen Sprung unternommen - weg von dem Erbe der Sklaverei und hin zur Versöhnung zwischen den Bevölkerungsgruppen unterschiedlicher Hautfarbe. Politisch bedeutet das Wahlergebnis die tiefe Ablehnung des Status quo in Washington, wie er sich in acht Jahren Bush entwickelt hat. Kulturell bedeutet der Regierungsantritt Obamas einen wichtigen Schritt in der Entwicklung zu einer multiethnischen Nation, in der die Weißen voraussichtlich bis 2042 nicht mehr in der Mehrheit sein werden.

Obwohl Obama seine Hautfarbe bewusst so wenig wie möglich zum Wahlkampfthema gemacht hat, spielte dieser Faktor durchaus eine Rolle bei der Entwicklung seiner Strategie. Neben Minderheiten wurden vor allem junge Leute frühzeitig als zentrale Säule für die Mobilisierung von Wählerstimmen ausgemacht. Und das hat offenkundig funktioniert.

Obama war die erste Wahl bei fast allen Erstwählern, und das waren am Dienstag immerhin etwa zehn Prozent. Jeder fünfte Erstwähler war ein Amerikaner afrikanischer Abstammung. Und fast jeder fünfte gehörte zu den aus Lateinamerika stammenden "Hispanics". Schließlich entschieden sich auch überdurchschnittlich viele Frauen für Obama. Sie alle werden dem Start der Präsidentschaft Obama im kommenden Jahr mit großen Erwartungen entgegensehen.

Kenianer bekommen neuen Feiertag

Der Sieg des Demokraten Barack Obama bei den Präsidentschaftswahlen in den USA ist für viele Kenianer ein Grund zum Feiern - nun erhalten sie auch die Zeit dafür. Der kenianische Staatspräsident Mwai Kibaki erklärte den 6. November spontan zum Feiertag, berichtete der staatliche Fernsehsender am Mittwochmorgen kurz nach Bekanntwerden des Wahlergebnisses in den USA. In der Heimat von Obamas verstorbenem Vater, der aus dem kleinen Dorf Kogelo in Westkenia stammte, hatten die Menschen auf einen Sieg Obamas gehofft.

In der US-Wahlnacht von Dienstag auf Mittwoch hatten bereits Tausende Menschen im Westen Kenias den erwarteten Sieg des Demokraten gefeiert. Amerikanische Flaggen, Obama-Plakate und brennende Autoreifen zierten die Straßen zahlreicher Städte. Tausende Obama-Fans waren auf den Straßen und beteten für den Sieg des schwarzen Senators aus Illinois. (APA)