Im Vorfeld der TV-Konfrontation hatte sich Palin in Interviews oftmals allzu forsch geäußert oder als ahnungslos präsentiert - auch innerparteilich schien zuletzt nicht mehr klar, ob der republikanische Präsidentschaftskandidat John McCain mit der Nominierung der Gouverneurin von Alaska nicht doch einen entscheidenden Fehler begangen hat. Erst kurz vor dem TV-Duell hatte eine Meinungsumfrage ergeben, dass die Entscheidung für Palin John McCain zunehmend zu schaden droht.
Im Angesicht der zahlreichen Fernsehkameras wirkte Palin in St. Louis dann selbstbewusst, sie ging phasenweise im Duell mit dem alten Polit-Hasen Joseph Biden in die Offensive. Dieser vermied es, angesichts seines offensichtlichen Erfahrungsvorsprungs belehrend oder herablassend wirken - was die US-amerikanischen Zuseher an einen Vater-Tochter-Konflikt erinnert hätte und nicht gut angekommen wäre.
Inhaltlich ging es bei der Fernsehdebatte, bei der sich die Kontrahenten nicht wie in Österreich üblich direkt gegenüber saßen sondern hinter leicht schräg gestellten Pulten standen, um die angeschlagenen US-Wirtschaft und Fragen der Außenpolitik. Palin wandte sich immer wieder entschieden gegen die von den Demokraten geplanten Steuererhöhungen während Biden die Marktgläubigkeit McCains kritisierte. Dieser habe sich wie US-Präsident George W. Bush trotz der Finanzkrise für weitere Deregulierung eingesetzt und noch Stunden vor Ausbruch der jüngsten Finanzkrise von der Stärke der US-Wirtschaft geschwärmt, führte der Demokrat an. Er beschuldigte die Regierung Bush, in den vergangenen acht Jahren für die "schlechteste Wirtschaftspolitik, die wir je hatten", verantwortlich zu sein.
Palin, die den TV-Zusehern öfters gekonnt zuzwinkerte, meinte hingegen, vor allem Gier, Unverantwortlichkeit und Korruption an der Wall Street seien verantwortlich für die gegenwärtige Finanzkrise.
Harter Schlagabtausch
Die Gouverneurin Alaskas kritisierte die Ankündigung Obamas, sich ohne Bedingungen auf Gespräche mit den Führern von Ländern wie des Iran oder Venezuela einzulassen zu wollen. Diese Regierungen hassten die USA, sagte Palin. Die Republikanerin, die im Verlauf der Konfrontation selbstsicherer wurde, propagierte eine an McCain orientierte harte außenpolitische Linie, während Biden auf die überragende Bedeutung der Diplomate verwies. Dies gelte insbesondere für das Bemühen, den Iran vom Bau von Nuklearwaffen abzuhalten. Zum Ausschöpfen aller diplomatischen Mittel gebe es keine Alternative, so Biden.
Palin warf Obama vor, gegen die Finanzierung der US-Truppen im Irak gestimmt zu haben. Seine Strategie im Irak führe zu einer Niederlage der Vereinigten Staaten im Kampf gegen den Terrorismus. Biden hingegen betonte, die Demokraten hätten lediglich versucht, über die Etat-Abstimmung einen Termin für den US-Truppenrückzug im Irak festzulegen.
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