Eine Frau, zwei Lager: An Clinton scheiden sich in den USA die Geister, nach dem Dauer-Wahlkampf mehr denn je. Es war vielleicht ihr größtes Versagen, dass sie ihren Ruf als große Polarisiererin nicht überwinden konnte. Zuletzt sagten in einer Umfrage nur noch 39 Prozent der US-Befragten, sie hielten Clinton für "ehrlich und glaubwürdig". Dabei war Clinton im vergangenen Jahr als beinahe sichere Favoritin in den Wahlkampf gestartet.
Dem Abstieg der einstigen Spitzenreiterin ist eine Reihe folgenschwerer Fehlentscheidungen in der Wahlkampfplanung vorangegangen. Die 60-jährige Polit-Veteranin hatte den Anspruch auf das Weiße Haus mit ihrer langjährigen Erfahrung begründet, sie warb mit Kompetenz und Berechenbarkeit. Doch dann kam Barack Obama - mit seiner Botschaft, dass allein er einen Neuanfang in Washington garantieren könne. Der junge Senator spürte früher als Clinton, wie sehr die Partei einen klaren Wechsel herbeisehnte. Obama war aufregend, Clinton präsentierte sich als Fortsetzung der Präsidentschaft ihres Mannes Bill in den 90er Jahren.
Die Partei brachte Clinton Respekt entgegen, Obama aber entfachte Begeisterung. Clinton verstolperte sich gleich bei der ersten Vorwahl, als sie in Iowa auf einem enttäuschenden dritten Platz landete. Das Wahlkampf-Drehbuch ihrer Strategen kam durcheinander. Sie hatten geplant, dass Kronprinzessin Hillary, die Erbin der mächtigen Clinton-Dynastie, im Eilschritt zum Nominierungs-Thron schreitet. Obama aber durchkreuzte die Inszenierung: Er vereitelte Clintons Plan, sich durch eine Siegesserie bereits am "Super-Dienstag" im Februar, als in mehr als 20 Staaten Vorwahlen stattfanden, die Nominierung zu sichern.
Schlecht vorbereitet
Obama zwang die einstige Favoritin in einen Vorwahl-Marathon, auf den ihre Strategen nicht vorbereitet waren. Clintons Team konnte mit Obamas brillanter Wahlkampforganisation nicht mithalten. Sie hatte ihre Kampagne auf die großen US-Bundesstaaten konzentriert, Obama baute gestützt auf seine vielen jungen Anhänger ein landesweites Netz von Wahlkampfteams selbst in den entlegensten US-Staaten auf. Allein im Februar siegte er in Serie bei elf Vorwahlen in kleineren Staaten, in denen Clinton kaum in Erscheinung getreten war. Hier baute er sich einen Vorsprung auf, den Clinton nicht mehr einholen konnte. Sie feuerte ihre Manager. Für die Wende war es zu spät.
Zudem ging den Clintons, die in den 90er Jahre neue Standards für das aggressive Eintreiben von Wahlkampfspenden setzten, das Geld aus. Bis Ende April hatte Clinton 221 Millionen Dollar Spenden eingenommen - und auch schon wieder ausgegeben. Obama baute sich übers Internet eine viel breitere Basis aus mehr als 1,5 Millionen Kleinspendern auf - ein neuer Rekord. Der Senator sammelte mehr als 272 Millionen Dollar, zuletzt hatte er für Wahlwerbung drei Mal soviel Geld übrig wie Clinton.