Spitzer hatte im September angekündigt, das Department of Motor Vehicles werde künftig Führerscheine ausstellen, ohne dabei auf den Einwanderungsstatus zu achten. Damit sollten, sagte Spitzer, "die Straßen sicherer und die illegalen Einwanderer aus dem Dunkel geholt werden".
Während der Vorschlag von republikanischer Seite durchwegs abgelehnt wurde, begrüßten Fremdenrechtsanwälte, hispanische Interessensvertreter und viele demokratische Politiker, unter ihnen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton, die Idee.
Mit schlechten Zustimmungswerten bei Umfragen wendete sich jedoch das Blatt. Immer mehr Parteifreunde kritisierten den Spitzer-Vorstoß. Laut Erhebung des Fernsehsenders CNN sind derzeit drei Viertel der befragten Amerikaner gegen die Idee. Als dann auch noch Spitzers Beliebtheitswerte in den Keller krachten, gab der Gouverneur schließlich nach. In Washington D.C. erklärte er vergangene Woche, sich "dem Druck jener zu beugen, die meine Argumente gehört haben, aber dennoch nicht mit mir übereinstimmen." Spitzer, der seit Jänner im Amt ist, meinte: "Führungsqualität zu haben, heißt auch, auf die Öffentlichkeit zu hören."
Als Spitzer seinen Plan ad acta legte, atmeten seine Parteifreunde auf. Die "New York Times" notierte zynisch: "Mit der Ankündigung seines Rückzugs bekommt Spitzer den Applaus, der ihm für den Vorschlag selber versagt blieb."
Der ehemalige New Yorker Generalanwalt, der in das Büro in Albany, der Hauptstadt des Staates New York, mit dem guten Ruf eines Korruptionsbekämpfers und viel Vorschusslorbeeren eingezogen war, hat zusehends ein Imageproblem. Seine gut gemeinten Vorschläge zu Bildung-, Gesundheits- und Wirtschaftsreform zerbrachen teils am Widerstand seiner Gegner, teils an seinem undiplomatischen Auftreten und rüpelhaften Gehabe. Die New York "Daily News" veröffentlichte jüngst und boshaft eine Aufzählung Spitzers bester Patzer. (http://snurl.com/1tsu6)
Streit der Demokraten
Der Rückzieher des New Yorker Gouverneurs ist vor dem Hintergrund großer Unsicherheit innerhalb der Demokratischen Partei zu sehen. Während die republikanischen Präsidentschaftskandidaten fast einhellig gegen die Einwanderer scharf machen, balancieren die Demokraten auf schmalem Grat.
Zwar wächst laut Umfragen im Land der Unmut über illegale Immigranten - laut Schätzungen des Department for Homeland Security leben zumindest 11,6 Millionen Menschen ohne Aufenthaltsberechtigung in den Vereinigten Staaten -, doch wird gleichzeitig der Einfluss der spanischsprachigen Bevölkerung auf den Ausgang der Wahlen immer größer. Die Latinos lehnen aber strenge Strafen gegen illegale Einwanderer - oft Familienmitglieder oder Freunde - ab.
Um eine Spaltung der eigenen Wählerklientel zu verhindern, hatten die demokratischen Präsidentschaftskandidaten versucht, die Frage der illegalen Immigration zu umschiffen. Bei einer Diskussionsrunde in Las Vegas am vergangenen Donnerstag vermieden Hilary Clintons parteiinterne Rivalen Barack Obama and John Edwards eine klare Positionierung zum Spitzer-Vorschlag.
Die Vorsicht der demokratischen Interessenten fürs Präsidentenamt scheint angebracht. Denn wie Latinos und eingewanderte US-Bürger wählen, ist schwer vorherzusehen. Immerhin gewann im Jahr 2003 Arnold Schwarzenegger als moderater Republikaner in Kalifornien die Gouverneurswahlen - bei einem spanischsprachigen Bevölkerungsanteil von mehr als 30 Prozent. Mit einer Kampagne übrigens, die unter anderem gegen Führerscheine für illegale Einwanderer gerichtet war.