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Tödliche Gefahr im Wald

Von Karl Ettinger

Wald

Im Vorjahr hat sich die Zahl tödlicher Forstunfälle erhöht. Vielfach trifft es Bauern, die schon in Pension sind. Fehlende Schutzausrüstung spielt ebenso eine Rolle wie der Druck, Schadholz rasch aus den Wäldern zu bringen.


Wien/Linz. Die Betroffenheit in der Gemeinde im oberen Mühlviertel nahe der tschechischen Grenze war groß. In Vorderweißenbach (Bezirk Urfahr-Umgebung) ist am vergangenen Wochenende ein 64-jähriger Mann bei Forstarbeiten ums Leben gekommen. Grund für den tödlichen Unfall im Wald dürfte, wie erste Ermittlungen der Polizei ergaben, gewesen sein, dass der Mann mit voller Wucht vom Ast eines Baumes getroffen wurde.

Der Mann hatte in der Nähe seines Hauses im Wald gearbeitet und war nicht zum Mittagessen gekommen. Als seine Ehefrau ihn suchte, fand sie den 64-Jährigen leblos unter einem Baum. Einsatzkräfte konnten nur mehr den Tod des Mannes, der von einem großen Ast auf dem Brustkorb verletzt wurde, feststellen.

Dieser tragische Vorfall in Vorderweißenbach war in den vergangenen Wochen kein Einzelfall. Er ist sogar irgendwie symptomatisch. Denn in vielen Fällen sind es ältere Menschen, meist Bauern in Pension, die bei Unfällen in Österreichs Wäldern zu Schaden kommen. Es gebe sehr viele Unfälle, bei denen Landwirte, die schon in Pension sind, verwickelt sind, analysiert Günther Pfeiffer, Sicherheitsberater bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". "Die gehen mit 65, 70 genauso in den Wald", erläutert der Experte, dessen Hauptaufgabe es ist, durch den Hinweis auf Sicherheitsmaßnahmen Unfälle in der Land- und Forstwirtschaft zu vermeiden.

Unfallversicherung registrierte 24 tödliche Unfälle im Vorjahr

Den Überblick über die Daten hat Beate Mayer von der Statistikabteilung der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA). Zwar fehlt ausgewertetes Datenmaterial für die ersten drei Monate des heurigen Jahres. Aber im Vorjahr wurden in der Land- und Forstwirtschaft, also nicht nur bei Waldarbeiten, insgesamt 24 tödliche Unfälle verzeichnet. Das war ein deutlicher Anstieg gegenüber 2017, wie Mayer aufzeigt. Im Jahr 2016 hatten 18 derartige Unfälle tödlich geendet, 2015 wurden 25 Todesfälle verzeichnet, 2011 waren es sogar 29 gewesen.

Grundsätzlich häufen sich die - tödlichen - Forstunfälle im Winter und im Frühjahr. In dieser Zeit ist die Hauptsaison für die private Waldarbeit. Gerade im Winter und auch in der Übergangszeit zum Frühjahr tragen schlechtes Wetter und ein manchmal vereister oder rutschiger Untergrund zu erhöhtem Risiko bei Waldarbeiten bei, wie auch Mayer der "Wiener Zeitung" erläutert. Dazu kommt, dass auch das Holz an solchen Tagen nass ist und damit leichter ins Rutschen kommt.

Sicherheitsmann Pfeiffer führt noch einen weiteren Umstand ins Treffen. Vielfach musste und muss von den Bauern und von Waldarbeitern Schadholz beseitigt werden. Das reicht von Bäumen, die aufgrund der Schneelast im Winter geknickt wurden oder vom Wind umgeworfen wurden, bis zu den Folgen des Eschensterbens. In all diesen Fällen müssen betroffene Bäume rasch aus den jeweiligen Waldstücken gebracht werden. Bei den Eschen besteht beispielsweise Gefahr für Wanderer und Spaziergänger. Wenn es sich um einzelne Bäume oder ganze Flächen handelt, bei denen es Schäden durch Schnee- oder Windbruch gibt, ist die Aufarbeitung ebenfalls möglichst rasch nötig. Denn sonst sind genau diese Bäume der ideale Platz, damit sie von Borkenkäfern befallen werden. Wegen des Schädlings, der 2018 etwa im Waldviertel regelrecht gewütet hat, mussten größere Flächen abgeholzt werden.

Die Landwirtschaftskammer macht in ihrer Stellungnahme zur Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte für ausländische Arbeitskräfte aufmerksam, dass Österreich "mit außergewöhnlich hohen Schadholzmengen konfrontiert" ist: "Im heurigen Jahr ist die Entwicklung ähnlich, wobei sich der Bedarf an zusätzlichen Arbeitskräften noch weiter erhöht hat."

Die Beseitigung von Schadholz birgt aber besondere Gefahren. Das zeigte sich am Dienstag dieser Woche auf tragisch-drastische Weise in der Steiermark. In St. Oswald im Bezirk Murtal endete ein Forstunfall tödlich - in diesem Fall erlitt ein 33-jähriger Mann tödliche Verletzungen, wie die Polizei mitteilte. Die Erhebungen haben ergeben, dass der Mann beim Abschneiden einer Fichte vom Wurzelstock mitgerissen worden sein dürfte. Das ist der Fall, wenn ein Baum von Naturgewalten wie Wind oder Schnee umgerissen wird, der Stamm aber am Wurzelstock hängt. Da ist beim Aufarbeiten besondere Vorsicht geboten.

Nicht allein zur Waldarbeit und nur mit Schutzausrüstung

Generell mahnt Berater Pfeiffer von der Sozialversicherungsanstalt der Bauern dazu, nur mit entsprechender Schutzausrüstung Waldarbeiten überhaupt in Angriff zu nehmen. Das bedeutet Schutzhelm mit Visier- und Gehörschutz, schnittfeste Hose für das Arbeiten mit einer Motorsäge und vor allem auch Sicherheitsschuhwerk für Forstarbeiten.

Ein anderer Ratschlag klingt zwar logisch, wird aber auch nicht immer beherzigt: "Nicht allein in den Wald." So gibt es bei einem Forstunfall die Möglichkeit, dass ein Begleiter Rettungs- und Hilfskräfte verständigt.

Waldarbeit in Österreich bedeutet oft Arbeit in unwegsamem, steilem Gelände. Das erfordert besondere Erfahrung. Deswegen löste zuletzt der Vorschlag von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ), Asylwerber zur Waldarbeit wegen der drohenden Borkenkäfergefahr verpflichtend einzusetzen, bei Forstexperten und Waldbesitzern teils nur fassungsloses Kopfschütteln aus.

Die Bauern-Sozialversicherung setzt auf vermehrte Vorbeugung. Dazu gehört neben der Schutzausrüstung vor allem eine entsprechende Aus- und Weiterbildung für jene, die selbst Forstarbeiten durchführen. Das betrifft insbesondere den Umgang mit Motorsägen. Es will gelernt sein, damit ein stehender Baum tatsächlich in die gewünschte Richtung und Schneise fällt.

Diese Ausbildung erfolgt nicht nur in forstwirtschaftlichen Ausbildungsstätten, sondern auch vor Ort, nämlich im Wald. Finden sich in einer Gemeinde wie beispielsweise in Melk zehn Landwirte oder Personen, die im Wald arbeiten wollen, so wird dies dort von der Forstabteilung der niederösterreichischen Landwirtschaftskammer angeboten.