Linz/St. Pölten. Ein Wurzelstock ragt neben dem anderen aus dem Hang. Die Sonne brennt auf die abgeholzten Flächen. Jeder Autofahrer, der von Mühllacken gut 20 Kilometer oberhalb von Linz zur Rohrbacher Bundesstraße unterwegs ist, merkt den Unterschied. Wo es früher im Hochsommer dunkel-schattig war, steigen jetzt kahle Hügel auf, weil der Fichtenwald geschlägert wurde. Der Kahlschlag war hier im Mühlviertel die einzige Möglichkeit, der Ausbreitung des Borkenkäfers entgegenzuwirken.
Noch dramatischer ist die Lage im Waldviertel in Niederösterreich. In Raabs an der Thaya gehören einem Besitzer 18 Hektar Wald. Vier Hektar stehen noch - es ist Jungholz. Das ganze alte Holz ist weg, auch das ist die drastische Auswirkung des Borkenkäferbefalls der vergangenen Jahre. Dieser hat sich im Vorjahr noch beschleunigt, weil lange Dürreperioden den Fichten zugesetzt haben. Das Waldviertel wurde besonders in Mitleidenschaft gezogen, egal ob es die Wälder privater Besitzer, Gemeindewälder oder die Forste des Stiftes Geras sind. Wegen der Fichtenmonokulturen und der Bedeutung dieser Baumart in Österreich, die rund die Hälfte der heimischen Waldfläche bedeckt, sind die Folgen groß.
Explosionsartige Verbreitung im Wald- und Mühlviertel
Im Wald- und Mühlviertel ist die Lage heuer nicht besser. "Die Dramatik liegt darin, dass im Waldviertel trotz des kühlen Mai der Borkenkäferbefall explosionsartig weitergeht", schildert der Forstdirektor der niederösterreichischen Landwirtschaftskammer, Werner Löffler, der "Wiener Zeitung". Der Klimawandel mit den im Schnitt gestiegenen Durchschnittstemperaturen wirkt wie ein Beschleuniger. Ein Forstexperte aus Oberösterreich verweist auf eine Art Faustregel. Die Fichte braucht im Jahresschnitt rund 700 Millimeter Niederschlag. Mit jedem Grad Anstieg der Durchschnittstemperatur werden 100 Millimeter Niederschlag zusätzlich notwendig.
Es bedarf auch für Stadtbewohner und Menschen, die Wälder nur vom Wandern kennen, keiner großen Fantasie, um zu ahnen, dass gesunkene Niederschlagsmengen die Überlebenschancen von Fichten stark vermindern.
In nüchternen Daten des Bundesforschungszentrums für Wald liest sich das so: 2018 lag die Zahl der durch Borkenkäferarten geschädigten Holzmenge bei 5,2 Millionen Festmetern. Damit ist der Rekordwert des Jahres 2017 nochmals um fast die Hälfte übertroffen worden. Um die Größenordnung einschätzen zu können: In Österreich werden pro Jahr rund 19,2 Millionen Festmeter Holz geschlagen. Die höchste Schadholzmenge verzeichnete im Vorjahr Niederösterreich mit 3,3 Millionen Festmetern, in Oberösterreicher waren es fast eine Million Festmeter.