Gemütlich lässt man sich in die durchgesessene Bank fallen. An den Fenstern leuchtet Limonaden-Reklame aus den 80er-Jahren. Man blickt auf Vorhänge, die den Tschick-Qualm von Jahrzehnten aufgesogen haben. An den Tischen wird geredet, in der Küche baden Schnitzel im Schmalz. Mentor Halper zapft an der Budl, huscht an den Tischen vorbei, stellt ein frisches Glas Bier ab. Schon ist er wieder verschwunden. An diesem Abend im Jänner herrscht Hochbetrieb im Café Rüdigerhof.

Nun, ein paar Wochen später, herrscht Totenstille. Die Lautsprecher sind stumm. Niemand sitzt an den Tischen. Das Traditionscafé im 5. Bezirk ist leer. Es musste - wie viele tausend andere Lokale im Land - zusperren. Die Regierung ordnete eine temporäre Zwangsschließung der Gastronomie an, um die Ausbreitung von Covid-19 zu verhindern.

Ein leeres Café? An eine Situation wie diese kann sich Besitzer Halper nicht erinnern: "Wir haben immer offen, außer am 24. und 25. Dezember." Dann feiert er zusammen mit seiner Familie Weihnachten im Lokal.

Ohne Gäste bleibt die Kasse leer

Halper führt das Café in dritter Generation. Sein Großvater hat es 1948 übernommen. Halper ist als Kellner so beliebt wie das Rüdigerhof. Josef Hader, Stermann und Grissemann und Andreas Vitasek zählen zu den Stammgästen. Doch ohne Gäste bleibt die Kasse leer. Seine acht Angestellten hat Halper beim AMS als arbeitslos angemeldet. Kurzarbeit, wie ihn die Regierung propagiert, mache bei seinen Mitarbeitern keinen Sinn. "Es gibt ja nichts zu tun", sagt Halper. Halper wohnt in der Nähe des Rüdigerhofs. Nach dem Aufstehen ins Café zu gehen, war sein tägliches Ritual. "Jetzt schaue ich deppert in die Luft."

Lebensmittel, die noch in der Küche waren, hat Halper vor dem Mist bewahrt. 500 Eier, 50 Liter Milch, Kartoffeln und anderes Gemüse hat er einem wohltätigen Verein in Meidling gespendet.

Vor ein paar Tagen ging Halper in sein Lokal. Er wollte nachschauen, ob alles in Ordnung ist mit den Sicherungen. "Das war ein komisches Gefühl", erzählt er. Das Café komme einem so gigantisch vor. Er ist gleich wieder gegangen, in dem leeren Café hat er sich nicht wohlgefühlt.

Tischreservierungen für die Wiedereröffnung

"Ich arbeite, seitdem ich 18 bin, ich war noch nie in meinem Leben arbeitslos", sagt Halper. Nun fühle er sich nutzlos. Das Café ist sein Leben. Die gewonnene Zeit nutzt er, um mit seinen Kindern zu spielen. Dabei beginnt im Frühling die Hochsaison für den Familienbetrieb. Wenn die Sonne scheint und die Temperaturen langsam steigen, kommen die Menschen in den großen Schanigarten mit Blick auf die Wienzeile. Zu dieser Zeit macht er das meiste Geschäft. "Einen Monat zusperren verkraften wir. Die Miete kriegen wir schon irgendwie hin."

Ob er am 14. April nach vier Wochen Zwangsschließung wieder aufsperren kann? Halper glaubt nicht recht daran. "Ich habe Angst, dass es wieder verlängert wird", sagt er. Trost bekam er über die Sozialen Medien. Stammkunden schrieben ihm aufmunternde Worte. Ein paar haben auch schon einen Tisch reserviert für die Wiedereröffnung.