Normalerweise würde Markus Schmitzberger jetzt wohl in einem Flugzeug sitzen, in einem Hotel oder im Auto. Ziemlich sicher wäre er jedenfalls dienstlich unterwegs - in Deutschland oder England, in Russland oder Argentinien. Aktuell sitzt er jedoch: im Keller seines Hauses im Homeoffice. "Da habe ich immerhin mehr Beinfreiheit als im Flieger", nimmt er den Ortswechsel oder besser das vorläufige Ende der vielen Ortswechsel mit Humor.
Etwa die Hälfte der Arbeitswochen ist Schmitzberger im Regelfall beruflich auf Reisen, gut 40 Flüge und etliche Autoreisen pro Jahr sind Standard. Als Leiter des Bereichs Arbeitssicherheit ist er bei einem internationalen Holzwerkstoffhersteller dafür zuständig, die Sicherheitsmanager in den 20 Standorten weltweit zu koordinieren. Das Besuchen der einzelnen Standorte muss derzeit virtuell erfolgen, die Lage bei der Produktion sei derzeit "sehr dynamisch" und abhängig von wechselnden national geltenden Regelungen. Weniger Arbeit bedeutet das nicht: "Wir arbeiten viel mit Videokonferenzen. Das kann den Besuch vor Ort nicht ersetzen, aber es ist erstaunlich, wie viel sich machen lässt."
Veränderungen der Krise als Chance
In den neuen technischen Möglichkeiten sieht der Experte für Arbeitssicherheit auch eine Chance für die Zeit nach der Krise: "Da wird sich langfristig Einiges ändern - und zwar massiv. Von den neuen Arbeitsweisen und Strategien, die wir derzeit entwickeln müssen, werden sich einige etablieren - und Verbesserungen bringen." International vernetztes Arbeiten wie Brainstorming in einem gemeinsamen Dokument online: "In dieser anonymisierten Form kommen viel kreativere Ideen zutage, da machen wir sehr positive Erfahrungen derzeit."
Dass er jetzt im Keller sitzt und nicht im Wohnzimmer seines Hauses bei St. Pölten, liegt daran, dass er auch dreifacher Familienvater ist. "Die zwei Türen und ein Stockwerk dazwischen sind bei den Videokonferenzen nicht von Nachteil", erzählt er aus dem Alltag. Besonders gefordert sei derzeit seine Frau, die versuche, das Betreuen der 20 Monate alten Tochter und den digitalen Unterricht für einen elfjährigen Gymnasiasten zu organisieren: "Das ist täglich eine Zerreißprobe. Vor allem, weil die Kinder noch nicht so sattelfest im Umgang mit Computern sind. Files downloaden, ausdrucken, scannen und wieder auf eine Plattform laden - daran scheitert so mancher Erwachsene. Da braucht ein Elfjähriger massiv Unterstützung. Mit einem neugierigen Kleinkind ist das fast nicht zu machen."
Mehr lokaler Konsum
Für die Kinder seien die Einschränkungen am schwierigsten zu verstehen: "Oma und Opa nicht zu sehen oder ein Geburtstagsfest ohne Freunde, das ist hart." Was sich im Alltag der Familie geändert hat, ist das Konsumverhalten: "Wir kaufen mehr lokal, bei Bauern in der Umgebung, in Selbstbedienungsläden regionaler Anbieter." Dass seine Milizeinheit aktuell einberufen wird, erwartet Schmitzberger nicht: "Wir sind keine selbständig strukturierte Einheit. Aber man weiß ja nie." Mit den Einschränkungen durch die Regierung hadert der 42-Jährige: "Intern haben wir Reisen schon viel früher hinterfragt. Vor allem zu Einreisebestimmungen und Masken kann ich aus Sicht der Arbeitssicherheit nur sagen: Das ist viel zu spät gekommen."
Dankbar ist er im Augenblick vor allem seiner Frau für deren Hartnäckigkeit: "Ich habe vergangenen Sommer nicht nur innerlich geflucht, als sie mich dazu überredet hat, im Garten einen Spielturm für die Kinder zu bauen. Mit zementiertem Fundament und allem Drum und Dran. Heute bin ich sehr glücklich, dass das Ding im Garten steht."