Sie ist keine, die sich so leicht unterkriegen lässt. Dass man Krisen überwinden kann und diese zur Chance werden können, weiß sie, schließlich vermittelt sie dieses Wissen in unterschiedlichsten Facetten seit Jahren ihren Klienten. Und doch hatte auch sie Angst. Am Anfang war alles noch etwas unwirklich, erzählt Veronika Fiegl der "Wiener Zeitung".

Es war Freitag, der 13. März, als ihr Greißler ums Eck sie darauf ansprach, dass sie wohl jetzt keine Arbeit mehr hätte. "Wie bitte, was ist los? Nein, ich werde am Montag arbeiten", widersprach sie. Zwei Tage später brach ihr halber Kundenstock weg. "Die größte Herausforderung für mich war, entspannt zu bleiben. Ich wusste nicht, wie es weitergehen wird, und es gab Gerüchte, dass das jetzt ein Jahr dauern würde. Das machte mir anfangs schon Angst", sagt sie. Ihre Praxis im 5. Bezirk hatte sie erst vor kurzem mit viel Liebe hergerichtet. Die 40-Jährige ist es gewohnt, einen vollen Terminkalender zu haben, Überbuchungen sind dabei keine Ausnahme. Das alles brach von heute auf morgen zusammen.

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Fiegl bietet Einzelsitzungen, aber auch Gruppen-Workshops und -seminare an. Ihre Aufgabe besteht in erster Linie darin, den Menschen zu helfen, ihren Körper wieder besser zu spüren und dadurch bessere Entscheidungen für ihr Leben treffen zu können - etwa mit Atemübungen, Körpertraining oder Bewegung und Tanz in der Gruppe. Ob sich diese Arbeit auch online bewerkstelligen lässt, war zunächst unklar.

"Anstatt mich in ein Eck zu rollen und über die Situation zu weinen, habe ich alles daran gesetzt, weiterzuarbeiten", sagt sie. Die Hälfte ihrer Kunden habe sich auf das Abenteuer "Online-Sitzung" eingelassen, mit unterschiedlichem Ergebnis: "Es gibt die Besser-als-nix-Fraktion und jene, die sagen, das ist so cool, das möchte ich weiter so machen", erzählt sie.

Was bleibt, ist ein lachendes und ein weinendes Auge. "Wenn die Corona-Krise noch länger anhält, dann halte ich mit dieser Auftragslage nur noch bis Ende des Jahres durch", sagt sie. Und dabei bezeichnet Fiegl sich selbst als Glückspilz in dieser Zeit. Ihr Antrag für den ersten Härtefallfonds ist schnell durchgegangen. Ihr Vermieter sprach tröstende Worte: "Frau Fiegl, machen Sie sich keine Sorgen." Auch Strom- und Netzanbieter zeigten sich kulant. "Für das alles bin ich sehr dankbar." Doch sie weiß, dass nicht alle so viel Glück haben. In ihrem Bekanntenkreis gibt es auch jene, die nicht mehr weiterwissen, weil sie ihre Arbeit verloren und keine verständnisvollen Vermieter haben.

Was sie aus der Krise mitnimmt? "Ganz viel!" "Ich habe ehemalige Klientinnen in Dänemark, Manila oder München. Durch diese Erfahrung, dass meine Sitzungen auch online funktionieren, kann ich mit ihnen weiterarbeiten", sagt Fiegl. "Ich wusste, dass die Aufmerksamkeit im Mittelpunkt meiner Arbeit steht, aber dass das so gut auch ohne Berührung funktioniert, war neu für mich." Was sie beobachtet hat: "Es gibt so eine Angst überall. Die ist aber nicht notwendig. Wir müssen zwar aufmerksam sein, es gibt aber einen Zwischenbereich zwischen Verleugnen und nicht einmal mehr grüßen Können", sagt Fiegl. Fest stehe jedoch: "Es ist unersetzlich, dieses Miteinander. Das Gute ist: Wir spüren wieder, wie wichtig der menschliche Kontakt ist."