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111 Tage für ein neues System

Von Martyna Czarnowska

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Von der Planwirtschaft rein in den Kapitalismus: Polen bekam vor 20 Jahren eine Schocktherapie verpasst.


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Es brauchte 111 Tage. In dieser Zeit arbeitete 1989 ein Team von Ökonomen ein Programm aus, das Polen nach 45 Jahren sozialistischer Planwirtschaft zurück ins Spiel der kapitalistischen Kräfte bringen sollte. Der Mann, nach dem die Reform benannt wurde, wurde später Finanzminister - und so viel Lob er von den einen auch bekam, so viel Hass schlug ihm von anderen entgegen.

Leszek Balcerowicz verpasste Polen eine Schocktherapie. Und selbst nach 20 Jahren ist die Diskussion darüber, ob es der richtige Weg für das Land war, nicht abgeschlossen. Doch 1990 stand die Wirtschaft vor einem Abgrund. Hyperinflation, immense Auslandsverschuldung, nicht ausreichendes Angebot an Waren. Der Balcerowicz-Plan sollte unter anderem Steuern in allen Bereichen regeln, die Zentralbank davon abhalten, das Budgetdefizit zu finanzieren, und die Garantie abschaffen, dass staatliche Unternehmen weiterbestehen müssen, egal wie unrentabel sie sind. Das Ergebnis war das rasanteste Wirtschaftswachstum in Osteuropa.

Gleichzeitig wurde in manchen Gebieten strukturelle Armut geschaffen, die bis heute anhält. Menschen, die in staatlichen landwirtschaftlichen Betrieben gearbeitet hatten, waren auf einmal ohne Job. Riesige Fabriken schlossen. Pensionisten begannen zu überlegen, ob sie Medikamente kaufen oder ein Stück Fleisch fürs sonntägliche Mittagessen.

Das droht den Griechen nicht. Auch wenn ihre Wirtschaft ebenso vor dem Bankrott steht - Ministerpräsident Giorgos Papandreou ist nicht Balcerowicz, er muss nicht ein ganzes System umkrempeln. Doch werden sich auch die Griechen auf Veränderungen einstellen müssen, vielleicht auch darauf, dass sich ihr Lebensstandard senkt. Viele Osteuropäer mussten das während der Reformjahre durchmachen.

Ähnlich ist die Reaktion auf angekündigte Sparpläne: Während in Polen ab den 90er Jahren fast keine Woche verging, an der nicht eine Berufsgruppe streikte oder demonstrierte, ging dies beinahe 20 Jahre später auch in Griechenland los. Lehrer, Fluglotsen, Journalisten legten die Arbeit nieder; die Müllabfuhr und der Fährenbetrieb funktionierten nicht.

Auch in Spanien und Portugal, ebenfalls hochverschuldete Länder, gingen Menschen auf die Straße. Nur in Irland hielt sich der Unmut in Grenzen: Dort streikten bis jetzt lediglich die Fluglotsen.

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Für den tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus, einen bekennenden Euro-Skeptiker, ist klar, wer mit Schuld ist an der finanziellen Misere Griechenlands: der Euro. Hätte das Land noch Drachmen als Währung, könnte es diese einfach abwerten und damit die Krise bewältigen, meinte er in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

Mag auch Klaus’ These von großen Bedenken gegenüber einer europapolitischen Integration herrühren - Tatsache ist, dass sich Schwankungen zwischen den einzelnen Landeswährungen oft auf mehr auswirken als auf Statistiken zu Importen und Exporten. Als Polen 2004 der Europäischen Union beitrat, zogen hunderttausende Menschen fort: nach Irland oder Großbritannien, auf der Suche nach Arbeit. Mit den dort verdienten Euro und Pfund unterstützten sie ihre Familien in Polen, renovierten oder bauten ihre Häuser, kauften Autos.

Doch vor zwei Jahren wurde der polnische Zloty so stark wie selten zuvor. Das Geld aus dem Ausland wurde weniger wert in Polen; umgekehrt ließ sich mit dem umgetauschten Zloty woanders mehr kaufen als zuvor. Es war für viele Polen eine marktwirtschaftliche Lektion mehr. Die Konsequenz: Etliche gingen in ihre Heimat zurück.