Die Koalition prüft strengere Regeln gegen Missbrauch des neuen Arbeitszeitgesetzes.
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Wien. Mitten im Arbeitskampf um die Metaller-Lohnrunde flammt jetzt auch die Auseinandersetzung um das neue Arbeitszeitgesetz, das einen Zwölf-Stunden-Tag erlaubt, neu auf. Anlass ist der Fall einer 56-jährigen Hilfsköchin in Wien, die laut Arbeiterkammer nicht zwölf Stunden arbeiten wollte, vom Chef aber unter Druck gesetzt worden sei und letztlich bei einer einvernehmlichen Lösung eingewilligt hat. Gewerkschaft und Arbeiterkammer sehen damit das von der Bundesregierung zugesicherte Recht auf Freiwilligkeit ad absurdum geführt.
In der Koalition werden jedenfalls nun Verschärfungen gegen Missbräuche durch Unternehmen geprüft. Überlegungen gibt es bezüglich Strafen und Kündigungsschutz.
Derzeit sieht das Gesetz, das von der türkis-blauen Koalition per 1. September dieses Jahres beschlossen wurde, zwar ein Ablehnungsrecht des Arbeitnehmers vor. Unmittelbare Sanktionen in Form von Strafen sind laut Arbeiterkammer aber nicht vorgesehen. Das wäre erst bei einem Überschreiten der Grenzen der Arbeitszeit der Fall.
Außerdem gibt es für betroffene Beschäftigte keinen Kündigungsschutz mit aufschiebender Wirkung. Diese haben nur die Möglichkeit, eine Kündigung im Nachhinein beim Arbeits- und Sozialgericht anzufechten, erläutert Irene Holzbauer von der Arbeitsrechtabteilung der Wiener AK.
Verschärfte Strafbestimmungen
ÖVP-Klubobmann August Wöginger kündigt der "Wiener Zeitung" jetzt ein verschärftes Vorgehen gegen jene Betriebe an, die gegen das neue Arbeitszeitgesetz verstoßen. Damit sollen "schwarze Schafe" abgeschreckt werden. "Man muss über Verschärfungen bei den Strafbestimmungen nachdenken, damit man jene trifft, die das Gesetz nicht einhalten", sagt Wöginger. Details sind allerdings offen. Vizekanzler FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache hatte zuvor bereits gedroht, notfalls werde sich die Regierung überlegen müssen, welche Sanktionen es für Unternehmen bei Missbräuchen geben soll.
Im Sozialministerium gab man sich am Freitag zu konkreten Maßnahmen für Nachjustierungen noch vorsichtig. "Es gibt diverse Möglichkeiten, die in Überprüfung sind", hieß es auf Anfrage. Fest stehe für Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) jedenfalls: "Es wird keine Toleranz bei Missbräuchen geben."
Der SPÖ-Sozialsprecher im Nationalrat, Baugewerkschaftschef Josef Muchitsch, sieht sich in der früheren Kritik bestätigt, "dass das Recht auf Ablehnung nichts wert ist". Zu den Plänen für strengere Regeln von Regierungsseite betont er gegenüber der "Wiener Zeitung": "Jede Reparatur dieses Husch-Pfusch-Gesetzes, die zu mehr Fairness beiträgt, ist zu begrüßen."
Was Strafen betrifft, soll es für Betriebe bei Gesetzesverstößen zu "empfindlichen Zahlungen in Form von Abfindungen" kommen. Auch ein ausdrücklich im Gesetz verankerter Kündigungsschutz für betroffene Arbeitnehmer wäre für ihn eine Verbesserung: "Das hat sicherlich eine abschreckende Wirkung für unsoziale Arbeitgeber." Allerdings befürchtet er, dass dann genau jene betroffenen Arbeitnehmer, die einen Zwölf-Stunden-Tag verweigern, bei einer schlechteren wirtschaftlichen Entwicklung dann erst recht auf der Kündigungsliste stehen.
Muchitsch drängt deswegen wie der ÖGB auf ein komplett neues Arbeitszeitgesetz. Gleichzeitig sollen dabei auch der Arbeitnehmerschutz, Freizeit und Urlaub geregelt werden.
Kündigungsschutz im Fokus
"Die Freiwilligkeit als Anfechtungsmöglichkeit beim 12 Stunden Tag ist ineffizient abgesichert und schützt keinen Arbeitnehmer", beklagt auch Hans Trenner, Bereichsleiter für Arbeitsrecht in der AK Wien. Für einen wirksamen Kündigungsschutz brauche es auch Änderungen im Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz.
Der AK-Experte fordert als Minimum eine schriftlich begründete Kündigung, die im Nachhinein nicht verändert werden dürfe. Am besten für die Arbeitnehmer wäre seiner Meinung nach ein absoluter Kündigungsschutz. Im bestehenden Anfechtungsrecht müsse den Arbeitnehmern im Falle einer positiven erstinstanzlichen Entscheidung, die Rückkehr auf den Arbeitsplatz "ohne Wenn und Aber" ermöglicht werden.