Hohe Unfallzahlen: Österreich ist nach wie vor kein besonders sicheres Land für Radfahrer.
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Bund, Länder und Gemeinden einigten sich beim Radgipfel 2022 im Wiener Rathaus auf ein gemeinsames Vorgehen im Ausbau der Fahrrad-Infrastruktur. Parallel dazu wurden am Montag auch neue Richtlinien für die Planung und den Bau von neuen Radwegen präsentiert.
Ziel des Abkommens ist laut Umwelt- und Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne), "den Anteil des Radverkehrs von 7 auf 13 Prozent zu erhöhen". Sie will die für den Ausbau von Rad-Infrastruktur zur Verfügung stehenden Mittel von 40 auf 60 Millionen Euro erhöhen. Zudem sei mit Anfang April das neue Förderprogramm angelaufen, bei dem Länder, Städte, Gemeinden und Firmen Projekte einreichen können.
Niedrige Radquote
Wien mit seinem hohen Nutzungsgrad öffentlicher Verkehrsmittel liegt, was den Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen betrifft, bei 9 Prozent (wobei es im Vorjahr einen kräftigen Anstieg gab). Die niederländische Radmetropole Amsterdam hat im Vergleich dazu 38 Prozent Radanteil. Österreichweit weist die "Österreichische Forschungsgesellschaft für Straße Schiene Verkehr" (FSV) 7 Prozent Radnutzung aus. Zu den Spitzenreitern hierzulande zählen Salzburg und Graz mit rund 20 Prozent.
Die Stadt Wien errichtet heuer 17 Kilometer neue Radwege. 20 Millionen Euro werden laut Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) für die 44 Projekte in die Hand genommen. Das Herzstück ist der sogenannte Rad-Highway, der von Kagran via Praterstraße Richtung City führen soll. Dort wo es möglich ist, will man Radfahrer und Fußgänger auf getrennten Verkehrsflächen unterbringen, etwa beim Wiental-Radweg, der von der City in den Westen Wiens führt.
Gemeinsam mit dem Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV) präsentierte der FSV Montagvormittag die neuen technischen Vorgaben für die Errichtung von Radverkehrsanlagen, die in den "Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen 03.02.13" (RVS) schriftlich festgehalten wurden. Diese sind nicht zwingend bindend. "Planer und Politiker sollten sich aber daran halten", sagt der Verkehrssicherheitsexperte Klaus Robatsch. Im Falle eines Unfalls könne rasch eine Haftungsfrage auftauchen, wenn der Radweg nicht den von Experten ausgearbeiteten Vorgaben entspricht.
Die Unfallzahlen sind es auch, die Robatsch Sorgen bereiten. "Österreichweit starben im Vorjahr 48 Radfahrer bei Unfällen." Mehr als 60 Prozent der Todesopfer waren älter als 65, rund die Hälfte mit dem E-Bike unterwegs. Bundesweit müssen laut dem KfV rund 40.000 Menschen nach Radunfällen im Krankenhaus behandelt werden. Während die Verletztenzahlen im Straßenverkehr seit 2012 bundesweit um 28 zurückgegangen seien, ist jener der Radfahrer um 42 Prozent angestiegen. "Die Wahrscheinlichkeit, bei einem Unfall mit dem Rad getötet zu werden ist in Österreich doppelt so hoch wie in Schweden, Norwegen, Deutschland, Dänemark, Belgien und Frankreich", erklärt Robatsch.
Ein Faktor für das schlechte Abschneiden des Landes sei "die schlechte, unzureichende Infrastruktur". In Straßen mit geringem Fahrtempo (bis 30 km/h) sollen Rad- und Autoverkehr die Fahrbahn gemeinsam nutzen. Bei höherem erlaubtem Tempo müssten bauliche Trennungen erfolgen. Zudem müsse man das Bewusstsein der Verkehrsteilnehmer schärfen. Autofahrer müssten im Ortsgebiet langsamer unterwegs sein, Radfahrer sollten sich Kreuzungen nicht schneller als mit zehn km/h nähern.
Breitere Wege
In der neuen Richtlinie ist auch festgeschrieben, dass Radverkehrsanlagen künftig breiter werden müssen. So sieht die RVS vor, dass etwa Radfahr- oder Mehrzweckstreifen neben parkenden Autos künftig zwei statt bisher eineinhalb Meter breit sein müssen. Zudem brauche es Änderungen in Kreuzungsbereichen oder eigene Grünphasen für Rechtsabbieger, um querende Radfahrer zu schützen. Ministerin Gewessler kündigte beim Radgipfel, der noch bis Dienstagabend in Wien stattfindet, zudem an, die Straßenverkehrsordnung überarbeiten zu wollen.(gh)