Deutschpflicht vor Zuzug gilt ab 1. Juli. | In Deutschland gibt es diese Regelung seit 2007 - die Erfahrungen sind durchwachsen. | Wien. Mit dem jüngsten Ministerratsbeschluss ist es fix: Ab 1. Juli müssen Drittstaatsangehörige bereits Grundkenntnisse der deutschen Sprache nachweisen, wenn sie im Ausland einen Aufenthaltstitel beantragen.
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Innenministerin Maria Fekter verweist in diesem Zusammenhang gerne auf Deutschland. Dort hat die große Koalition im August 2007 eine Deutschpflicht vor Zuzug eingeführt. Wie ist diese ausgestaltet? Und welchen Effekt hatte sie auf binationale Ehepaare?
Der größte Unterschied zur österreichischen Regelung ist, dass sie in Deutschland nur für den Ehegattennachzug gilt. Drittstaatsangehörige, die im Ausland einen Deutschen geheiratet haben oder im Inland einen Deutschen heiraten wollen, müssen Sprachkenntnisse auf A1-Niveau nachweisen. Ausgenommen sind etwa Hochschulabsolventen, die auch ohne Deutsch voraussichtlich eine Arbeit finden, oder Menschen mit Behinderung. Ziel sei es, Zwangs ehen zu vermeiden und die Integration zu verbessern, heißt es im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg.
Grundsätzlich muss - so, wie es auch Österreich plant - bei der Antragsstellung ein Sprachzeugnis von einem anerkannten Institut vorliegen. Sprachkurse zur Vorbereitung für die Prüfung finden an 121 Goethe-Instituten in 82 Ländern statt, außerdem gibt es noch zahlreiche Kooperationspartner. Zusätzlich gibt es kostenlose E-Learning-Angebote - etwa von der Deutschen Welle.
Umzug notwendig
Dennoch: Für Svenja Gerhard vom Verband binationaler Familien und Partnerschaften in Frankfurt ist das zu wenig. "Durch die Regelung wird die Zeit, die Paare getrennt verbringen müssen, um ein Vielfaches erhöht", sagt sie. Denn in einigen Ländern, wie im Irak oder in Afghanistan, gebe es gar keine Institute, auch in Teilen Südamerikas müssten die Einwanderungswilligen oft 1500 Kilometer bis zur nächsten Sprachschule zurücklegen. Diese Menschen würden gezwungen, umzuziehen und ihren Job aufzugeben.
Bis zu 70 Prozent der Drittstaatsangehörigen fallen beim ersten Antreten zur Deutschprüfung durch, meint die Juristin. In einem Evaluierungsbericht der Bundesregierung vom Herbst 2010 ist indes von einer 80-prozentigen Bestehensquote die Rede.
Mündlicher Test
Anders als in Österreich ist eine Prüfung nicht zwingend notwendig: Wenn sich der Betroffene bei der Antragsstellung halbwegs gut auf Deutsch verständigen kann, dann kann auf ein Zeugnis verzichtet werden. Dies liegt allerdings im Ermessen der Behörde - "und dort heißt es dann oft: Darauf lassen wir uns gar nicht ein", sagt Gerhard.
Im Jahr der Einführung der Deutschpflicht kam es zu einem starken Rückgang der Ehegatten-Visa. Wurden 2007 im ersten und zweiten Quartal noch jeweils mehr als 9000 Visa für Angehörige der 15 Hauptherkunftsländer - darunter sind etwa die Türkei, der Kosovo und die Russische Föderation - ausgestellt, waren es im vierten Quartal noch 5100. Die Regierung führt das darauf zurück, dass nach der Einführung zunächst Kurse besucht werden mussten, bevor ein Visum beantragt werden konnte. Denn bis zum vierten Quartal 2009 stieg die Zahl der erteilten Visa wieder auf 8300.
Gerhard spricht dennoch von einer "großen Hürde für binationale Paare".
Zweifel an Nutzen
Auch, dass damit Zwangsehen vermieden werden können, bestreitet sie: Denn in Deutschland gibt es keine validen Zahlen zu Zwangsverheiratungen. Auch der Nutzen für die Integration wird teils bestritten - "das Niveau A1 hat man ja im Flieger schon wieder vergessen", heißt es hinter vorgehaltener Hand in einer mit dem Thema befassten Behörde. Und: "Das ist nichts weiter als ein repressives Instrument."
Wissen: Regelung in Österreich
(kats) In Österreich bezieht sich die ab 1. Juli geltende Deutschpflicht vor Zuzug auf alle Drittsstaatsangehörigen, jedoch mit recht weit gefassten Ausnahmen. So sind etwa Familienangehörige Hochqualifizierter oder Personen mit Matura befreit.
Um die Bedingung zu erfüllen, muss bei Antragsstellung im Ausland eine Bestätigung eines anerkannten Sprachinstituts vorliegen, dass der Betreffende über Deutschkenntnisse auf A1-Niveau (alltägliche Ausdrücke, ganz einfache Sätze) verfügt. Eine mündliche Prüfung ist nicht möglich. Welche Institute anerkannt werden, legen Innen- und Außenministerium in Verordnungen fest.
Zur Kritik an der mangelnden Erreichbarkeit von Kursanbietern in manchen Weltgegenden heißt es aus dem Innenressort: "Beinahe überall, wo es eine Vertretungsbehörde gibt, gibt es auch ein anerkanntes Institut" - etwa ein Goethe-Institut. In den anderen Fällen würden Partnerinstitute gesucht.
2009 waren laut dem Verein Ehe ohne Grenzen, der die Regelung scharf kritisiert, fast 18 Prozent der in Österreich geschlossenen Ehen binational.