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Lega Nord und Berlusconi büßten die Hälfte ihrer Wähler ein, PD ein Drittel.
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Rom. Rund 16 Millionen der knapp 51 Millionen wahlberechtigten Italiener haben am vergangenen Sonntag und Montag nicht mehr die Partei gewählt, der sie noch vor fünf Jahren ihre Stimme gegeben haben. Das geht aus der von dem führenden italienischen Meinungsforscher Renato Mannheimer erstellten Wählerstromanalyse hervor.
Den größten Aderlass mussten die Lega Nord und Silvio Berlusconis Popolo della Liberta (Volk der Freiheit - PdL) hinnehmen. Berlusconis PdL hat rund sechs Millionen Stimmen verloren. Nur mehr die Hälfte jener Wähler, die im Jahr 2008 PdL gewählt hatten, taten das auch diesmal. Viele frühere Berlusconi-Anhänger haben diesmal Beppe Grillos Movimento-5-Stelle (M5S - 5-Sterne-Bewegung) gewählt, nahezu ein Viertel ist gleich überhaupt nicht zur Wahl gegangen.
Noch stärker als Berlusconi verlor dessen traditioneller Koalitionspartner, die Lega Nord. Sie sackte von rund drei Millionen Stimmen im Jahr 2008 auf nunmehr 1,4 Millionen ab. Das war die Folge sowohl parteiinterner Schwierigkeiten und Skandale als auch des Streites darüber, ob man wieder eine Koalition mit Berlusconi eingehen sollte oder nicht. Die Lega Nord hat in ihren Hochburgen Lombardei und Piemont je 300.000 Stimmen eingebüßt, in Venetien rund 500.000.
Aber auch die Demokratische Partei von Pier Luigi Bersani hat rund ein Drittel ihrer Wähler von 2008 verloren. Rund 16 Prozent wanderten zu Beppe Grillo ab. Auch in den Hochburgen der "Roten Zone" verlor die PD beachtliche Stimmenkontingente - etwa je 300.000 in der Emilia Romagna und der Toskana, 400.000 in Latium und 330.000 in Apulien.
Vom Aderlass der PD profitierte aber nicht nur Grillos M5S, sondern auch der eigene Koalitionspartner, die linksökologische SEL von Nichi Vendola, die ihren Stimmenanteil von etwa 500.000 im Jahr 2008 auf nunmehr deutlich über 900.000 aufstocken konnte.
Beppe Grillos M5S konnte zu gleichen Teilen von Wählern aus dem früheren Berlusconi- und Bersani-Lager profitieren. Ein Fünftel der M5S-Stimmen stammen aus dem Lager derer, die 2008 nicht zur Wahl gegangen sind, und rund 16 Prozent der Grillo-Stimmen kommen aus dem Lager der Erstwähler.
Die Monti-Koalition wiederum, die nicht ganz 3 Millionen Stimmen erreichte, bekam ihre Stimmen vorwiegend aus dem Lager der früheren Wähler der christdemokratischen UDC von Pier Ferdinando Casini, dessen Partei von 2 Millionen Stimmen im Jahr 2008 auf nunmehr knapp über 600.000 zurückfiel. Aber auch frühere Wähler von PdL und PD entschieden sich diesmal für die Koalition des scheidenden Premiers.
Die Partei Rivoluzione Civile des Anti-Mafia-Staatsanwalts Antonio Ingroia, die an der Vier-Prozent-Hürde gescheitert ist, hat ihre rund 780.000 Stimmen vorwiegend aus dem Stimmenreservoir der Partei Italien der Werte (IdV) von Antonio di Pietro schöpfen könne, die vor fünf Jahren, als sie Teil der Mitte-Links-Koalition war, noch auf einen Stimmenanteil von 2,2 Millionen gekommen war.
Italiens neues Parlamentist jünger und weiblicher
Im italienischen Parlament werden künftig jüngere und vor allem auch mehr weibliche Abgeordnete und Senatoren sitzen als je zuvor. Das Durchschnittsalter der Mandatare beträgt in der neuen Abgeordnetenkammer 45 und im Senat, wo man erst ab einem Alter von 40 Jahren wählbar ist, 53 Jahre. Im scheidenden Abgeordnetenhaus betrug das Durchschnittsalter 54, im Senat 57 Jahre. Der Altersschnitt sinkt vor allem durch die neuen Abgeordneten der Beppe-Grillo-Partei, die mit der 25-jährigen Marta Grande auch die jüngste Abgeordnete stellt. Der älteste im Parlament ist der 89-jährige PD-Senator Sergio Zavoli.
Der Frauenanteil steigt von derzeit rund 20 auf künftig 31 Prozent, wobei die PD mit einer Quote von 40 Prozent an der Spitze liegt.