Zum Hauptinhalt springen

½ + ½ = 2

Von Eva Stanzl

Kommentare

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 7 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wie macht man als Wissenschafter Karriere? Das Maß aller Dinge ist die Zahl der Publikationen. Dabei kommt es auf Qualität an - aber nicht nur. Denn je mehr Top- Veröffentlichungen Forscher vorweisen können, desto höher sind ihre Chancen, auf der Karriereleiter ein Treppchen höher zu steigen. Eine umfangreiche Liste von Studien und Erwähnungen in renommierten Fachjournalen beeindruckt Berufungskomitees bei Bewerbungen um akademische Positionen. Da gute Forschungsarbeit aber Konzentration und vor allem Zeit erfordert, müssen die Wissenschafter erfinderisch sein. Der Geistesblitz ist eine neue mathematische Formel, die da lautet: ½ + ½ = 2.

Angenommen, Sie veröffentlichen ein Paper pro Jahr. Dann haben Sie nach zehn Jahren zehn Publikationen - zu wenig, um konkurrieren zu können. Wenn Sie sich aber mit einem Fachkollegen zusammentun und jeder die Hälfte beider Studien schreibt, hat jeder Co-Autor ganz ohne zusätzliche Arbeit seinen Namen doppelt so oft in einem Journal. Kommt noch eine dritte Forscherin dazu, lautet die Formel schon: 1/3 + 1/3 + 1/3 = 3. Und so weiter.

Trotz solcher Genialität zeigt eine Studie des britischen "Economist", dass sich der Druck auf das Forschungssystem nicht lohnt. Das Magazin hat Daten aus 34 Millionen Studien überprüft, die 1996 bis 2015 in erschienen sind. Quelle ist der weltgrößte Zitierungskatalog, Scopus. Während die durchschnittliche Anzahl von Autoren pro Studie von 3,2 auf 4,4 anstieg, wurden die Beiträge pro Autor weniger, und am Ende kamen nur 2,1 statt 2,3 Publikationen pro Forscher und Jahr heraus. Gleichzeitig erschienen mehr triviale Arbeiten, und der Begriff der Autorenschaft verwässert sich.