Erlös geht in Breitband-Ausbau und Wohnbau, Rest ist "Verhandlungssache".
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Wien. Die Versteigerung von Mobilfunkfrequenzen hat der Republik einen Geldsegen von exakt 2,014 Milliarden Euro gebracht - die Bieter A1, T-Mobile und Hutchison 3G ("3") kritisieren jedoch den aus ihrer Sicht zu hohen Preis. Das überrascht RTR-Geschäftsführer Georg Serentschy nicht, doch selbst der Telekom-Regulator hat nicht mit fast vier Mal höheren Einnahmen als das Mindestgebot von 526,5 Millionen Euro gerechnet. "Wir sind von bis zu 1,5 Milliarden Euro ausgegangen", sagte Serentschy am Montagabend vor Journalisten.
Besonders kräftig in die Kasse gegriffen hat die Telekom Austria (A1), die 1,03 Milliarden, also die Hälfte der gesamten Auktionssumme, zahlen wird. Der hohe Preis sei "ein Wermutstropfen", sagt Telekom-Sprecher Peter Schiefer. Den Kaufpreis werde das Unternehmen mit bestehenden liquiden Mitteln und zusätzlichem Fremdkapital (Kredit oder Anleihe) stemmen.
Betreiber fordern mehr Geld für Breitbandausbau
Schärfer fiel die Kritik vom Branchenzweiten T-Mobile aus, der für neun Pakete 654 Millionen Euro hinlegen muss: "Diese exorbitant hohen Lizenzgebühren entziehen den Netzbetreibern die dringend benötigten Mittel für den Netzausbau", sagt Andreas Bierwirth, Chef von T-Mobile Austria. Er fordert, dass die von Infrastrukturministerin Doris Bures angekündigte Förderung des Breitband-Ausbaus in ländlichen Regionen von 250 Millionen auf eine Milliarde Euro erhöht wird.
"3"-Chef Jan Trionow bezeichnet das Auktionsergebnis sogar als "Desaster" für die Branche insgesamt, die teure Auktion sei eine Extra-Steuer auf Mobilfunk und mobiles Breitband: "Die Preise der Frequenzen sind in völlig irrationale Höhen gestiegen." "3" ersteigerte fünf Pakete um 330 Millionen Euro und ist laut Trionow "mit einem blauen Auge davongekommen".
Laut Serentschy liegt der Erlös leicht unter der österreichischen UMTS-Auktion 2000 - "gemessen in Euro pro Einwohner und Megahertz, inflationsbereinigt". "Der Sinn der Auktion besteht nicht darin, eine Steuer einzuheben, sondern den tatsächlichen Preis der Frequenzen herauszufinden", sagte der RTR-Geschäftsführer vor dem Start der Auktion am 9. September. 28 Frequenzblöcke wurden in einem mehrstufigen, komplizierten Verfahren versteigert - dafür hatten sich die Anbieter eigens Berater geholt. Unter den Hammer kamen die bestehenden Frequenzen im Bereich 900 Megahertz (MHz) und 1800 MHz und neue 800 MHz-Frequenzen, die durch die Umstellung von Analog- auf Digital-TV verfügbar wurden. Diese Frequenzen können für den neuen, schnelleren LTE-Übertragungsstandard verwendet werden. Neue Anbieter steigerten nicht mit. Die RTR rechnete mit einer Auktionsdauer von mehreren Tagen, schlussendlich wurden es mehrere Wochen. In 72 Runden an 22 Auktionstagen wurden bis gestern, Montag, tausende Gebote abgegeben.
"Alle Bieter verfügen über eine solide Ausstattung mit Frequenzen und haben ihr Kerngeschäft abgesichert", so Serentschy. Bei Hutchison sieht der RTR-Chef "eine nicht unerhebliche Wachstumsreserve".
Regierung braucht zusätzliches Geld für Budget
Die neue Regierung dürfte der hohe Erlös freuen, denn die muss dringend zusätzliches Geld auftreiben, um das für 2016 angepeilte Nulldefizit zu erreichen. Ein Teil der Auktionserlöse ist bereits verplant: Vom Mindestgebot in Höhe von 526 Millionen Euro gehen 250 Millionen fix ans Infrastrukturministerium, das damit den Breitbandausbau in ländlichen Gebieten finanziert. Der Rest wurde als Anteil am 1,6 Milliarden Euro schweren Konjunkturpaket verplant, das im Juni nach der Alpine-Pleite geschnürt wurde: 276 Millionen Euro sollen die Länder 2014 für die Wohnbauförderung erhalten.
Was mit den zusätzlichen Auktionserlösen passiert, sei "Verhandlungsgegenstand", sagt Andreas Perotti, Sprecher von Finanzministerin Maria Fekter. Das Bundesfinanzgesetz sehe jedenfalls vor, dass Mehrerlöse jeweils zur Hälfte zwischen Infrastruktur- und Finanzministerium aufgeteilt werden. Gut möglich also, dass zusätzliches Geld ins Budget fließt - Baustellen gibt es mehr als genug: etwa Mehrkosten für die Rettung von Banken wie der Hypo Alpe Adria und den zumindest teilweisen Ausfall durch die Verzögerung der europäischen Finanztransaktionssteuer.
Die RTR hat einen Abschreibungsbedarf für die ersteigerten Frequenzen von 40 bis 80 Cent je Kunde und Monat über die gesamte Nutzungsdauer errechnet. Preissteigerungen könnte man nicht ausschließen, so Serentschy. Dass die Kosten der Frequenzauktion auf die Kunden überwälzt werden, schloss Schiefer aus. Der harte Wettbewerb am österreichischen Mobilfunkmarkt würde dies verhindern. Die Kunden könnten sich bald auf eine "bessere Netzqualität" einstellen.