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20 Ex-Flugzeugzulieferer wollen Pflegekräfte werden

Von Karl Ettinger

Wirtschaft

Oberösterreichs Soziallandesrätin Gerstorfer möchte mit Anreizen Berufsumstieg vorantreiben. Minister Anschober sagt im Bundesbudget mehr Mittel für Pflegeberufe zu.


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Die Krise der Luftfahrt hat auch den renommierten oberösterreichischen Flugzeugzulieferbetrieb FACC schwer getroffen. Nach der Ankündigung, dass 650 FACC-Mitarbeiter abgebaut werden, ist Oberösterreichs Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer (SPÖ) inzwischen in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsmarktservice (AMS) besonders bemüht, bisherige Mitarbeiter des Innviertler Unternehmens für Pflegeberufe zu gewinnen.

Von 200 Beschäftigten des Flugzeugkomponentenbauers wurden 100 vom AMS gezielt angeschrieben. 20 davon haben bisher nicht nur ihr Interesse am Pflegeberuf bekundet, sondern sind für konkrete Pflegeausbildungen zugewiesen wurden, wurde der "Wiener Zeitung" im Büro von Gerstorfer in Linz erklärt. Die Aktion hat bundesweit Vorbildcharakter, weil auch die türkis-grüne Bundesregierung und Sozialminister Rudi Anschober (Grüne), der selbst aus Oberösterreich kommt, die akute Personallücke im Pflegebereich durch Jobumsteiger teilweise auffüllen wollen.

Laut einer Studie werden bis 2030 insgesamt 75.000 Vollzeitkräfte zusätzlich für die Pflege benötigt. Schon bis 2024 droht eine weitere Verschärfung des Personalmangels. Gegenmaßnahmen sind auch vorrangiges Ziel bei der Pflegereform, die ÖVP und Grüne im kommenden Jahr mit coronabedingt einjähriger Verzögerung umsetzen wollen.

Konkretes Angebot des AMS

Das von SPÖ-Landeschefin Gerstorfer geführte Sozialressort in Oberösterreich bietet als Anreiz, um bisherigen FACC-Mitarbeitern längere Arbeitslosigkeit zu ersparen, kostenlose Ausbildungsplätze für Berufe in der Altenbetreuung an. Darüber hinaus gibt es auch die Möglichkeit, durch ein Fachkräftestipendium zu vermeiden, dass die Kluft zwischen dem bisherigen Lohn während der Pflegeausbildung allzu groß ausfällt. Das Angebot besteht nicht nur für FACC-Mitarbeiter, die vom Jobbau im Innviertel betroffen sind, sondern auch für weitere Umsteiger in den Pflegeberuf.

Das AMS Ried im Innkreis hat von 200 betroffenen FACC-Beschäftigten 100 mit einem Schreiben auf die Chance, eine Pflegeausbildung zu absolvieren aufmerksam gemacht. Davon hat nach der bisherigen Zwischenbilanz ein Fünftel tatsächlich nicht nur Interesse geäußert, sondern hat konkrete Pflegeausbildungen ins Auge gefasst und konkrete weitere Schritte vereinbart. Der Leiter der Rieder AMS-Zweigstelle, Klaus Jagereder, hat schon im September deutlich gemacht, dass sich die Aktion ganz besonders an Beschäftigte richten, deren Berufsausbildung noch nicht abgeschlossen ist.

Für Gerstorfer, die selbst vor der Übernahme des SPÖ-Vorsitzes in Oberösterreich AMS-Landesgeschäftsführerin war, hat der Pflegeberuf vor allem zwei Vorteile. Es handle sich angesichts der steigenden Zahl an betreuungs- und pflegebedürftigen Menschen um einen krisensicheren Beruf. Außerdem könne der Beruf in der jeweiligen Wohnregion ausgeübt werden.

Umstieg aus Arbeitsstiftungen

Sozialminister Anschober lädt am 20. Oktober zu einer Startveranstaltung für die Pflegereform, seit September ist es bereits unterwegs, um mit Ländern und betroffenen Hilfs- und Sozialeinrichtungen in einem Dialog über Probleme im Pflegebereich zu reden. Der Ressortchef kündigte außerdem an, dass aus dem Bundesbudget mehr Mittel für den Umstieg auf einen Pflegeberuf ausgegeben werden, wie er in der ORF-Sendung "Hohes Haus" angekündigt hat. Damit soll speziell Personen, die wegen der Corona-Krise arbeitslos geworden sind und in Arbeitsstiftungen Platz finden, unter die Arme gegriffen werden. Experten halten das fehlende Personal im Pflegebereich für ein noch größeres Problem als die Unklarheit um die Finanzierung der steigenden Ausgaben für den Pflegeberuf.