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Ölpreis knapp unter Höchststand. | Autofahrer wechseln zu ÖBB und Deutscher Bahn. | Tankverhalten hat sich noch nicht markant verändert. | Wien. Nach Höchstständen von mehr als 135 Dollar je Fass sank der Ölpreis am Mittwoch zeitweise auf unter 126 Dollar. Die Reduktion ist allerdings äußerst moderat. Zum Vergleich: Anfang 2005 lag der Ölpreis noch bei 44 Dollar.
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Experten rechnen auch nicht damit, dass die Öl- und Treibstoffpreise wieder dramatisch sinken: "Im Moment zeichnen sich zwar leicht fallende Tendenzen ab", erklärt Christoph Capek, Geschäftsführer der Mineralölindustrie in der Wirtschaftskammer Österreich (WKO). "Allzu große Rückgänge darf man sich aber nicht erwarten."
"Auf dieses Preisniveau werden wir uns einstellen müssen", vermutet Herbert Lechner, stellvertretender Geschäftsführer der Österreichischen Energieagentur. "Ein Ölpreis von 200 Dollar ist keine reine Utopie mehr." Dies sei zwar keine konkrete Prognose, könne aber als "ungünstiges Szenario" eintreten.
Dieselpreis entfernt sich immer mehr von Benzin. Im Moment wird der Ölpreis durch Rohstoffspekulanten, eine stark steigende Nachfrage in Schwellenländern wie Indien und China sowie unsichere Produktionsbedingungen in Ölförderländern wie Nigeria hochgetrieben.
Ein Ölpreis von 200 Dollar pro Barrel würde bedeuten, dass auch die Treibstoffpreise in Richtung zwei Euro pro Liter marschieren: Denn die Preise an den Zapfsäulen werden von den Notierungen an den internationalen Handelsplätzen bestimmt, betont Capek.
Besonders deutlich zeige sich das am Dieselpreis, der Benzin überholt hat und immer stärker davoneilt. "Europa ist ein starker Dieselmarkt und muss seit Jahren importieren, weil die Raffinerien, vor allem in Amsterdam, Rotterdam und Antwerpen, nicht die benötigten Mengen produzieren können. Dazu kommt ein weltweit großer Dieselbedarf, was sich leider auf den Preis niederschlägt."
ÖBB im ersten Quartal mit mehr Fahrgästen
Überraschenderweise haben die Autofahrer ihr Fahr- und Tankverhalten bisher offenbar kaum verändert. Zumindest war in den Absatzzahlen der heimischen Mineralölfirmen im ersten Quartal 2008 keine markante Veränderung erkennbar. Capek: "Bei Diesel gab es einen Mehrverbrauch von 1,7 Prozent, bei Benzin ein Minus von 0,5 Prozent." Beide Zahlen beziehen sich auf die Treibstoffmengen, die über die Tankstellen und direkt an Großkunden abgesetzt werden.
Auch der heimische Autohandel spürt noch keine Einbußen durch den teuren Sprit. Die Lage sei zwar "irritierend", sagte Gustav Oberwallner, Obmann des WKO-Gremiums Fahrzeughandel. Auf den Absatz hätte sich dies bisher aber noch nicht ausgewirkt. "Bis Ende April sind wir im leichten Plus."
Dass die Österreicher mehr mit dem Rad oder mit öffentlichen Verkehrsmittel fahren werden, glaubt Oberwallner nicht. Für die Österreicher sei Mobilität so wichtig, dass sie dafür auch mehr bezahlen. Außerdem hätten viele keine andere Möglichkeit und brauchen das Auto zum Pendeln, so der WKO-Obmann.
Die Unternehmen des öffentlichen Verkehrs sehen sich dennoch als Profiteure der Spritpreisrally: Die ÖBB verzeichneten im ersten Quartal 2008 nach eigenen Angaben einen Fahrgastzuwachs von 7 Prozent im Fernverkehr. Im Nahverkehr stieg die Zahl der ÖBB-Kunden sogar um 11 Prozent. Das Highlight: die Westbahnstrecke zwischen Wien und Linz verzeichnete ein Fahrgastplus von 16 Prozent.
Auch die Deutschen Bundesbahnen malen ein ähnliches Bild: Zwischen Jänner und April seien 20 Millionen Reisende dazugewonnen worden.
Bei den Wiener Linien ist man hingegen vorsichtig mit Prognosen: Der Zeitraum sei noch zu kurz. "Die ersten paar Monate 2008 signalisieren einen leichten Aufwärtstrend bei den Kundenzahlen", erklärt Sprecher Johann Ehrengruber. Dies sei ein "toller Erfolg", denn Anfang 2007 habe die verlängerte U-Bahnlinie U1 bereits zu einem starken Fahrgastschub geführt.
"Die Pendlerpauschale wirkt kontraproduktiv"
Bei der Österreichischen Energieagentur vermisst man Anreize, die jene Pendler in Richtung öffentlichen Verkehr umleiten, die nicht auf ihr eigenes Auto angewiesen wären. Die soeben beschlossene Erhöhung der Pendlerpauschale wirke sogar kontraproduktiv, kritisiert Herbert Lechner: "Das führt dazu, dass die Leute ihr Verhalten nicht ändern. Das psychologische Signal ist: Wenn der Spritpreis hoch ist, wird mir schon geholfen. "
Recht gut vorbereitet sei die heimische Industrie: "In der Regel gilt: Je größer ein Unternehmen ist, umso näher kommt es an das Effizienzoptimum heran." Bei Klein- und Mittelbetrieben und im Dienstleistungsbereich gebe es noch viel Sparpotenzial.