EU-Kommission rudert bei der Durchsetzung von Genehmigungsverfahren zurück. | Brüssel. Die EU-Kommission rudert zurück: Ihre Vorschläge für den Ausbau von Energieinfrastruktur zur Erreichung von Versorgungssicherheit und dem Ziel von 20 Prozent Erneuerbaren Energiequellen bis 2020 sind deutlich weniger ambitioniert als in den Entwürfen angedacht.
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200 Milliarden Euro müssten bis 2020 in den Neubau und die Modernisierung von Strom- und Gasnetzen in Europa investiert werden, erklärte Energiekommissar Günther Oettinger bei der Präsentation seines Strategiepapiers für ein intelligentes europäisches Energienetzwerk am Mittwoch. 1000 Milliarden seien über die kommenden zehn Jahre inklusive neuer Speicher- und sonstiger Kraftwerke sowie anderer Infrastruktur wie Flüssiggasterminals nötig.
Klare Vorgaben für die Beschleunigung der Bewilligungsverfahren für große europäische Leitungsprojekte fanden in die Endversion seines Dokuments allerdings ebenso wenig Eingang wie der Investitionsbedarf von weiteren 1000 Milliarden Euro bis 2030.
Denn wie die "Wiener Zeitung" bereits berichtete, sollten Genehmigungsprozeduren, die heute bis zu 20 Jahre dauern, auf 5 Jahre inklusive aller Berufungsmöglichkeiten beschränkt werden. Für den Fall dauernder Verzögerungen war eine Behörde mit Sondervollmachten im Gespräch, welche Trassenbewilligungen zeitnahe durchsetzen hätte sollen. Ebenso wie die nötige Investitionssumme von 2000 Milliarden Euro bis 2030 war das Bestandteil früherer Entwürfe von Oettingers Papier.
Für Beschleunigung
Jetzt plädierte der deutsche Kommissar zwar immer noch für schnellere Genehmigungsverfahren. Dafür wird aber nur die grundsätzliche Möglichkeit eines Zeitlimits angeregt. Es bleibt dabei, dass eine einzige Stelle pro Mitgliedsland die Abwicklung zwischen Projektentwicklern und Behörden auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene übernehmen soll. Für Regionen, die besonders effizient Leitungen bauen, werden finanzielle Anreize wie Prämien vorgeschlagen.
Oettinger bestätigte offiziell, dass es künftig 800 Millionen Euro pro Jahr aus dem EU-Budget als Anschubfinanzierung für Netzabschnitte geben soll, die für die Union wichtig, vorläufig aber noch unprofitabel sind. Damit sollen private Investoren gelockt werden, für das Gesamtnetz beizutragen. Denn nicht weniger als 100 Milliarden Euro betrage noch die geschätzte Finanzierungslücke für Strom- und Gasnetze bis 2020.
Begründet wird die Notwendigkeit des Netzausbaus auch mit der künftigen EU-Energielandschaft. So machten Erneuerbare Energiequellen wie Windfarmen in der Nordsee und Solaranlagen im Süden, die verbrauchsunabhängig produzieren, nur Sinn, wenn es intelligente Netze gebe, so Oettinger. Die Umstellung sei vergleichbar mit jener von analoger zu digitaler Kommunikation.