Eine "Agentur für die Modernisierung der Ukraine" soll unter Leitung von Ex-Vizekanzler Spindelegger umsetzbare Visionen vorstellen.
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Wien. Aufgeregt, ja fast euphorisch war die Stimmung am Dienstagmorgen im Wiener Palais Ferstel. Das mag einerseits daran gelegen sein, dass praktisch nur Gleichgesinnte zur Veranstaltung "Ukraine Tomorrow" gekommen waren. Andererseits auch, weil es bei der hochkarätig besetzten Vorstellung der "Agentur für die Modernisierung der Ukraine" (AMU) wohl sehr stark auch darum ging, über die zahlreich anwesenden ukrainischen Medien positive Nachrichten und Durchhalteparolen ins krisengeschüttelte Land am Dnjepr zu schicken. Die Bevölkerung verliert, so wurde auch am Podium mehrmals eingestanden, ein Jahr nach der Revolution zunehmend den Glauben an positive Veränderungen. Mit der AMU soll den Reformbemühungen des Landes neuer Schwung verliehen werden.
Eine Reihe engagierter Politprofis - darunter der deutsche Ex-Finanzminister Peer Steinbrück oder der ehemalige EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen - sollen, so verlautete im Palais Ferstel, in den nächsten 200 Tagen einen "Masterplan" für das Land erarbeiten. Dieser soll Modelle für Reformen im Steuer-, Wirtschafts- und Verfassungsbereich enthalten, erklärte der ukrainische Oligarch Dmitrij Firtasch, Chef des ukrainischen Arbeitgeberverbandes, der inoffiziell auch als Finanzier des Projektes gilt.
"Viele (ukrainische, Anm.) Politiker sind heute zu Statisten geworden, sie reden nur darüber, was passiert ist - und nicht darüber, wo das Land in 25 Jahren sein soll", sagte Firtasch. Man könne nicht auf ein Wunder warten, sondern müsse anpacken. Die Vorschläge der AMU, die im September präsentiert werden, sollen dem Land als Leuchtturm dienen.
Gleichzeitig solle aber auch das dazu nötige Geld aufgestellt werden, erklärte der Mitinitiator des Projekts Firtasch. Dafür schwebt dem umstrittenen Milliardär (er wurde im Vorjahr in Wien aufgrund eines US-Haftbefehls in Auslieferungshaft genommen, kam aber nach Zahlung einer Rekordkaution von 125 Millionen Euro wieder auf freien Fuß und gelobte nach Justizangaben, bis zur Beendung des Verfahrens Österreich nicht zu verlassen) ein Wiederaufbau-Fonds vor, der mit stolzen 300 Milliarden Euro dotiert sein soll. Woher diese Summe genommen werden soll, ist noch unklar.
Österreich-Beteiligung
Völlig klar hingegen war für alle künftig an der AMU Beteiligten, dass die Ukraine "Teil Europas war, ist und sein wird". Der ukrainische Ex-Präsident Leonid Krawtschuk erklärte den Start des Modernisierungsprojektes sogleich zu einem "historischen Tag". Der französische Philosoph Bernard-Henri Levy sagte, mit dem anstehenden "Marshall-Plan" könne man "der Ukraine ermöglichen, durch die offenen Tore Europas zu gehen". Und Lord Risby, britischer Oberhausabgeordneter, erklärte, dass er eine simple Nachricht an die Ukraine habe: "Wir stehen an eurer Seite."
Den hohen Grad an Optimismus und Tatendrang gilt es nun für Ex-Vizekanzler Michael Spindelegger in Bahnen zu lenken. Er wurde überraschend als künftiger "Geschäftsführer" und "Hauptkoordinator" der AMU mit Sitz in Wien vorgestellt. Die Einladung dazu hätte er von den drei Gründungsmitgliedern der AMU, Levy, Lord Risby und dem deutschen CDU-Bundestagsabgeordneten Karl-Georg Wellmann erhalten. Angesprochen auf Firtasch erklärte Spindelegger sogleich, er würde für die Organisation arbeiten, nicht für eine Person. Er wisse auch nicht mehr über das US-Verfahren gegen Firtasch, als in den Medien stehe.
Gleichzeitig führte Spindelegger auch Ex-Innenminister Karl Schlögl als weiteren AMU-Geschäftsführer ins Treffen. Dieser wollte ein Engagement jedoch nicht bestätigen. Es sei ein interessantes Projekt, sagte er gegenüber der APA, er müsse allerdings noch nähere Gespräche führen.