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200 Tote bei erneuter Flüchtlingstragödie im Mittelmeer

Von Alina Lindermuth

Politik

Zwei Flüchtlingsschiffe vor der Küste der libyschen Stadt Zuwara gekentert.


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Wien. Die tragischen Nachrichten von Menschen, die auf der Flucht in ein besseres Leben den Tod finden, nehmen kein Ende. In der Nacht auf Freitag sind vor der libyschen Küste wieder mehr als 200 Menschen auf ihrem Weg Richtung Europa ertrunken. Auf einem überladenen Schiff hatten sich laut lokaler Sicherheitsbehörde rund 400 Menschen befunden, viele seien unter Deck gefangen gewesen, als das Schiff kenterte. Zahlreiche Leichen seien am Morgen an Land gespült und geborgen worden, erklärte ein Sprecher der Küstenwache am Freitag. Bereits am Donnerstagabend war ein kleineres Boot gekentert, mindestens 30 Personen kamen dabei ums Leben. Ein Teil der Geretteten wurde in ein Lager westlich der Hauptstadt Tripolis gebracht.

Suwara nahe der tunesischen Grenze ist eine Hochburg von Schleusern, die Flüchtlinge über das Mittelmeer nach Italien schaffen. Libyen ist zum wichtigsten Ausgangspunkt für die Flucht über das Mittelmeer geworden. Die Küstenwache des Landes ist schlecht ausgerüstet und verfügt nur über wenige Schlauch- und Fischerboote. Schleuser profitieren davon, dass das Land keine stabile Regierung hat und mehrere Rebellengruppen um die Macht kämpfen.

Seit Anfang des Jahres haben nach Angaben der Vereinten Nationen bereits mehr als 300.000 Flüchtlinge den Weg übers Mittelmeer nach Europa genommen. Laut UNHCR-Sprecherin Melissa Fleming überlebten rund 2500 Personen diese Reise nicht. Demnach erreichten fast 200.000 Menschen Griechenland, 110.000 gelangten nach Italien.

Merkel sieht Zeit für Sondergipfel nicht gekommen

Nachdem am Mittwoch die Leichen von 52 Flüchtlingen auf einem Schiff im Mittelmeer entdeckt worden sind, hat die Polizei auf Sizilien zehn mutmaßliche Schlepper festgenommen. Dabei handelt es sich um Tunesier und Marokkaner, denen mehrfacher Mord und Schlepperei vorgeworfen wird. Sie befinden sich in einer Haftanstalt in Palermo, berichteten italienische Medien.

Die Schlepper hatten sich unter die 460 Überlebenden gemischt, die in der Nacht auf Freitag in Palermo eingetroffen sind. Die 52 Toten waren vor der libyschen Küste im Laderaum des Boots gefunden worden. Vermutlich sind die Migranten an Abgasen erstickt. Die Leichen wurden obduziert.

Zeugen berichteten über brutale Misshandlungen, denen die im Lagerraum eingepferchten Migranten unterzogen worden seien.

Unterdessen sieht Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel den Zeitpunkt für einen EU-Sondergipfel zur Flüchtlingsfrage noch nicht gekommen. Die Vorarbeiten seien noch nicht abgeschlossen, so Merkel im Gespräch mit dem dänischen Regierungschef Lars Lökke Rasmussen am Freitag. Allerdings schließe sie einen Gipfel in den kommenden Wochen nicht aus.

Rasmussen sprach sich für einen langfristigen europäischen Ansatz in der Flüchtlingskrise aus. Es sei "nicht fair, dass Deutschland und eine Handvoll anderer Staaten den größten Teil der Flüchtlinge" aufnähmen, während andere EU-Länder dies nicht täten. Obwohl Dänemark nicht an der Asylpolitik der EU teilnimmt, hätte das Land seinen "fairen Anteil" von Flüchtlingen übernommen, so Rasmussen.