Der globale Schuldenberg ist 2016 auf 215 Billionen Dollar gestiegen. In den Schwellenländern werden vor allem Unternehmenskredite zum Problem.
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Washington/Wien. Es sind Zahlen, die sich der alltäglichen Vorstellungskraft entziehen. Denn allein für jene 7,6 Billionen Dollar, um die die weltweiten Schulden im Jahr 2016 gewachsen sind, könnte man beim Flugzeughersteller Boeing 217.000 Stück des Spitzenmodells 747 bestellen. Nimmt man den gesamten globalen Schuldenberg, der zuletzt bei 215 Billionen US-Dollar lag, her, gingen sich sogar mehr als sechs Millionen Jumbos aus.
Wie sehr die Welt heute verschuldet ist, lässt sich aber nicht nur an diesen beiden Zahlen ablesen. Fast noch aussagekräftiger ist das Verhältnis zwischen globalem Schuldenstand und globaler Wirtschaftsleistung. Denn laut einer am Montagabend in Washington veröffentlichten Studie des Institute for International Finance (IIF) - gewissermaßen der internationale Dachverband der Banken - machen die Verbindlichkeiten mittlerweile 325 Prozent des weltweiten BIP aus. Im Jahr 2000 hatte das Verhältnis noch 246 Prozent betragen.
Private bauen Schulden ab
Der größte Teil der weltweiten Schulden geht dabei nach wie vor auf das Konto der Industriestaaten, die mit insgesamt 160 Billionen Dollar im Minus sind. Das entspricht zwar fast dem Vierfachen des Bruttoinlandsproduktes dieser Länder, der Anstieg fiel zwischen 2006 und 2016 aber moderater als in den zehn Jahren zuvor aus.
Verantwortlich dafür war vor allem der gesteigerte Schuldenabbau bei Haushalten, Unternehmen und im Finanzmarktsektor, denn die staatliche Verschuldung ist in diesem Zeitraum, der massiv von der globalen Finanzkrise geprägt wurde, deutlich gestiegen. So sind etwa die Verbindlichkeiten in den USA und in Großbritannien heute mehr als doppelt so hoch wie im Jahr 2006.
Bereits im Sommer 2011 hatte die Ratingagentur Standard&Poor’s den Vereinigten Staaten die beste Bonitätsnote AAA wegen der überbordenden Staatsschulden entzogen. Die staatliche Verschuldung kletterte in den folgenden sechs Jahren dennoch von 98 auf 107 Prozent des BIP.
Doch auch in den westeuropäischen Ländern und in Japan sind die Schulden der öffentlichen Hand in den vergangenen zehn Jahren um etwa 50 Prozent gestiegen. Österreich liegt dabei ziemlich im Durchschnitt. 2006 betrug die Staatsverschuldung 67,3 Prozent des BIP, zehn Jahre später liegt man nun bei 84,6 Prozent.
Problemfall China
Treibende Kraft hinter dem Anwachsen des globalen Schuldenbergs waren allerdings die Schwellenländer, in denen es laut der IIF-Studie einen "spektakulären Anstieg" auf 55 Billionen Dollar gegeben hat. Vor allem Unternehmen außerhalb der Finanzmarktbranche haben hier deutliche mehr Kredite aufgenommen als früher, was nicht nur angesichts global steigenden Zinsen mittelfristig zu Problemen führen könnte.
Als größter Unsicherheitsfaktor für die globale Finanzstabilität gilt in diesem Zusammenhang China. Selbst Notenbank-Chef Zhou Xiaochuan warnte Mitte März öffentlich davor, dass der Verschuldungsgrad der Unternehmen außerhalb des Finanzsektors zu hoch sei. Laut den Daten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich machen die Verbindlichkeiten der Unternehmen inzwischen 169 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft aus. Und vielfach werden neue Kredite heute nur noch aufgenommen, um die alten bezahlen zu können.
Als problematisch gilt aber nicht nur die fast schon institutionalisierte Loch-auf-Loch-zu-Politik. Laut einem im Jänner veröffentlichen Berichts des Internationalen Währungsfonds entfallen die Hälfte der Schulden auch auf ineffiziente staatliche oder halbstaatliche Unternehmen, die nur noch so am Leben gehalten werden können.
Chinas Schuldenproblem hat vor allem mit der Art und Weise zu tun, wie die Volksrepublik auf die globale Krise 2008/09 reagiert hat. Damals schnürte die Führung in Peking ein umgerechnet 582 Milliarden Dollar schweres Paket zur Konjunkturstimulation. Dies gab zwar der Wirtschaft einen Schub, die Verbindlichkeiten der Zentralregierung, der Lokalverwaltungen und den Unternehmen schnellten aber massiv nach oben.
Schätzungen zufolge beläuft sich die Gesamtverschuldung Chinas, die diese drei Bereiche umfasst, mittlerweile auf 258 Prozent des BIP.
Anders als in vielen anderen Ländern scheint man in Peking aber durchaus gewillt, dieser Entwicklung gegenzusteuern. So will die Volksrepublik künftig ein geringeres Wirtschaftswachstum in Kauf nehmen, um die Verschuldung in Griff zu bekommen. Premier Li Keqiang kündigte am Anfang März zu Ende gegangenen Volkskongress zudem an, dass Zombie-Firmen künftig keine Unterstützung mehr erhalten sollen und geschlossen werden.
Grafik: Bruttoverschuldung der Staaten