24 Jahre im Keller, sieben Kinder - und keiner hats gemerkt. Immer wieder beteuern die Behörden, der 73-jährige Josef F., der mittlerweile zugegeben hat, seine Tochter Elisabeth eingesperrt und mehrfach vergewaltigt zu haben, habe ein äußerst dichtes Netz aus Autorität, Lügen und Tauschmanövern gewoben. Die Frage ist bloß: Wie kann jemand ein so dichtes Netz weben, wenn er doch theoretisch in regelmäßigem Kontakt mit den Behörden steht? Denn immerhin haben Josef F. und seine Frau Rosemarie (68) eines der - angeblich weggelegten - Kinder von Elisabeth adoptiert, zwei weitere in Pflege genommen. Im Fall einer Adoption etwa wird genau überprüft, in welchen familiären und sozialen Verhältnissen die Adoptiveltern leben - und ob es Vorstrafen gibt. Laut Bezirkshauptmann Hans Lenze gab es zwar Vorstrafen, die allerdings bereits getilgt sind - aber waren sie das 1993, als das erste Kind plötzlich vor der Tür auftauchte, auch schon?
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Genauso müsste es laut niederösterreichischem Jugendwohlfahrtsgesetz zumindest jährliche Besuche von Sozialarbeitern gegeben haben, um die Entwicklung der beiden Pflegekinder zu überprüfen. Haben selbst geschulte Experten nichts gemerkt? Oder: Warum wurde - spätestens als sich die Kindsweglegungen wiederholten - nicht intensiver nach Elisabeth F. gesucht?
Sie würde doch nicht jedesmal von weither anreisen, um ihre Kinder wegzulegen, noch dazu, nachdem sie bereits mehrmals erfolglos von zu Hause ausgerissen war und die Gefahr bestand, dass die Eltern sie entdeckten . . .
Andererseits: Nachher ist man immer schlauer. Wenn nicht einmal die Nachbarn, die täglich am Verlies vorbeigegangen sind, davon wussten, wie sollte ein Sozialarbeiter bei einer jährlichen Stippvisite darauf kommen? Zumal die Adoptivbeziehungsweise Pflegekinder offenbar gut versorgt und integriert waren.
Wem man wohl am wenigsten Vorwürfe machen kann, ist die Mutter. Nach Ansicht vieler Experten wollen oder können oft gerade die Mütter nicht sehen, wenn ihre Kinder vor ihren eigenen Augen misshandelt und vergewaltigt werden - aus Scham und aus Angst. In diesem Fall dürfte es neben der Autorität des Mannes tatsächlich auch seine perfekte Tarnung gewesen sein, die dazu geführt haben, dass die Mutter nichts gemerkt hat. Und: F. "hat die Exekutive schon bei der Abgängigkeit getäuscht", erklärte Franz Polzer vom Landeskriminalamt am Montag.
Ein 24 Jahre altes Lügengerüst war wohl nicht nur für die Behörden, sondern auch für die Mutter nahezu unumstößlich.