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24 Pinochet-Opfer sind identifiziert

Von Gianinna Zanocco, IPS

Politik

In Chile fordern Menschenrechtler eine Neuorganisation des gerichtsmedizinischen Dienstes (SML), seitdem bekannt geworden ist, dass das Institut einen Untersuchungsbericht unterschlagen hat, der Auskunft über die Identität von 27 mutmaßlichen Opfern der letzten Militärdiktatur gibt.


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Der unter Verschluss gehaltene Bericht ist das Ergebnis einer rechtmedizinischen Untersuchung der Universität von Glasgow, den die ehemalige SML-Leiterin Patricia Hernandez 1995 in Auftrag gegeben hatte. Darin stellt der schottische Wissenschaftler Peter Vanezis anhand von Gewebeproben exhumierter Leichen und dem genetischen Material überlebender Verwandten die Identität von 24 vermissten Gegnern des Pinochet-Regimes (1973-2000) fest. Die sterblichen Überreste dieser Menschen waren 1991 auf dem Zentralfriedhof in Santiago de Chile entdeckt worden. Damals stieß man auf insgesamt 107 Gräber, in denen 126 Leichen verscharrt worden waren. Bis heute sind die Untersuchungen nicht abgeschlossen. In drei Fällen war sich Vanezis über die Identität der Opfer unsicher. Seine Bedenken ließ der SML jedoch nicht gelten und unterließ es, die Gerichte zu informieren. Die Überreste der Diktaturopfer wurden freigegeben und von Angehörigen der "Verschwundenen" noch im gleichen Jahr beerdigt.

Die Nachricht über die Zurückhaltung des schottischen Berichts hat bei den Menschenrechtsorganisationen des südamerikanischen Landes Empörung hervorgerufen. Von einem schweren Verstoß sprach die Vorsitzende der Vereinigung der Angehörigen Inhaftierter und Verschwundener (AFDD). Sie forderte eine Wiederaufnahme der forensischen Untersuchungen in den drei konkreten Fällen.

Vertreter der AFDD haben sich bereits mit dem Justizminister José Antonio Gomez getroffen, der Pläne zur Umstrukturierung des SML angekündigt hat. "Wir wünschen", so Diaz, "dass dieses Laboratorium künftig ausschließlich die sterblichen Überreste der Opfer von Menschenrechtsverletzungen untersucht."

Der Vorsitzende der Vereinigung der SML-Funktionäre, José Morales, hält die Vorwürfe für unseriös. Es gebe keinen Grund, an der Zuverlässigkeit von Hernandez zu zweifeln, betonte er. Die ehemalige SML-Leiterin hatte erklärt, die Gerichte 1995 mündlich mit dem Inhalt des Berichts vertraut gemacht zu haben.