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2G, zum Zweiten

Von Simon Rosner

Politik

Der Verfassungsgerichtshof bestätigte den Lockdown für Ungeimpfte
und die 2G-Regel erneut.


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Der Verfassungsgerichtshof hat sich ein zweites Mal mit dem "Lockdown für Ungeimpfte" und der 2G-Regel beschäftigt und beide Maßnahmen als gesetzeskonform bestätigt. Die erste Entscheidung galt den Beschränkungen im Herbst während der Delta-Welle, die nunmehrige dem Zeitraum von 21. bis 30. Jänner, als Ungeimpfte angesichts der heranrollenden Omikron-Welle nur aus bestimmten Gründen die Wohnung verlassen durften. Dagegen hatte sich eine Oberösterreicherin beim Höchstgericht beschwert.

Dass die Entscheidung ein zweites Mal vor dem VfGH hielt, überrascht die Verfassungsrechtler Heinz Mayer und Bernd-Christian Funk nicht. Und dies, obwohl sich die epidemiologische Situation im Jänner von jener im November und Dezember deutlich unterschied. Wie die Antragstellerin auch in ihrer Beschwerde darlegte, waren Mitte Jänner nur mehr 216 Covid-Patienten auf einer Intensivstation, Anfang Dezember lagen dort noch 664. Auch die Auslastung auf der Normalstation war deutlich gesunken.

Der VfGH erkannte zwar einen intensiven Eingriff in die Grundrechte, diese seien dennoch nicht verletzt worden. Wichtig ist dabei, dass das Gericht für seine Entscheidung den damaligen Informationsstand bei seiner Beurteilung heranzieht. "Dass eine Maßnahme ex post betrachtet auf Grund neuer Einsichten möglicherweise anders zu treffen wäre, macht die Entscheidung daher nicht gesetzwidrig", heißt es in dem Erkenntnis.

Im Jänner lagen zwar schon erste Evidenzen vor, dass Omikron vermutlich zu weniger schweren Verläufen führt, aber die Lage war großen Unsicherheiten unterworfen. Prognosen ließen allein wegen der zu erwarteten extrem hohen Fallzahlen eine Überlastung des Gesundheitssystems als "realistische Gefahr" erscheinen. Tatsächlich wurde die Lage in den Spitälern auch wieder heikel, allerdings erst zwei Monate später.

Dass Entscheidungen in einer Pandemie auf lückenhaftem Wissen aufbauen und "typischerweise unter hoher Unsicherheit" getroffen werden, gesteht der VfGH dem Gesetzgeber oder, wie in diesem Fall, dem Verordnungsgeber zu. Er stellt aber auch fest, dass die Behörde "nicht jedwede Unsicherheit" zulasten derjenigen Personen "ausschlagen" lassen, in deren Grundrechte eine Maßnahme eingreife.

Das heißt, eine vage Möglichkeit, dass ein dramatisches Szenario eintreten könnte, reicht nicht. "Es braucht schon eine belastbare fachliche Stellungnahme", sagt Mayer. Zudem müsse man vorweisen, ergänzt Funk, dass man "alle verfügbaren Informationsquellen genutzt hat". Ebenfalls relevant für das benötigte "Maß an Gewissheit" sei das "Gewicht der geschützten Rechtsgüter", schreibt der VfGH. Wenn die Gesundheit der Menschen auf dem Spiel steht, darf die Unsicherheit wohl etwas größer sein.

Die Wirksamkeit dieser beiden Maßnahmen, also der 2G-Regel und dem Lockdown für Ungeimpfte, wurde vom VfGH aber nicht wirklich begutachtet. Man verwies nur auf die Stellungnahme des Ministeriums. Dabei gab es schon zu jener Zeit durchaus Zweifel an der Effektivität.

Zweifel an Wirksamkeit

Eine Auswertung von Mobilitätsdaten durch das Team von Peter Klimek beim Complexity Science Hub Vienna (CSH) zeigte schon im November, dass in Regionen mit geringer Impfquote die Mobilität weniger stark abnahm als in Bezirken mit einem hohen Anteil geimpfter Personen.

Im März, und deshalb für die Beurteilung des VfGH nicht mehr relevant, fand auch das Austrian Corona Panel der Universität Wien mittels Befragung heraus, dass Ungeimpfte in der Zeit des nur für sie geltenden Lockdowns trotzdem mehr Kontakte hatten als geimpfte Personen.

"Es gibt eben ein hohes Maß an ambivalenter Betrachtungsweise", sagt Funk. Die Evidenzen sind oft rar, die Einschätzungen und Bewertungen von Experten nicht einheitlich. Für künftige Beurteilungen müssen etwaige neue Erkenntnisse aber berücksichtigt werden, sagt Mayer.

Nur 16 Tage nach dem Ende des Lockdowns für Ungeimpfte kündigte die Bundesregierung übrigens dann schon die Aufhebung sämtlicher Maßnahmen mit 5. März an. Erst danach spitzte sich die Lage in den Spitälern zu, weshalb am 23. März die Maskenpflicht in Innenräumen erneut eingeführt wurde. Der Gipfel der Infektionswelle war zu diesem Zeitpunkt dann allerdings bereits überschritten.

Maskenpflicht im Handel bleibt vorerst

Die Maskenpflicht für den lebensnotwendigen Handel bleibt vorerst bestehen. Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) hat der Forderung der Gewerkschaften, auch im Handel und Banken auf den Corona-Schutz zu verzichten, eine Absage erteilt. Die Verordnung mit den auch für Krankenhäuser und Pflegeheime, Öffis und Behörden geltenden Maßnahmen zum Schutz vulnerable Personen gilt zumindest bis 8. Juli.