Seit drei Jahren gibt es in der Schweiz eine Meldepflicht für Banken und Finanzinstitute, wenn ein Verdacht auf Geldwäsche besteht. Über 400 Fälle werden derzeit untersucht, es geht um Millionensummen. Doch bisher wurde noch kein Verdächtiger verurteilt. Nun ist Finanzminister Kaspar Villiger unter Druck geraten.
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Nicht nur, dass ihm seine Kollegen aus der Europäischen Union nachsagen, die Schweiz gehe die kriminelle Problematik zu lasch an. Auch ein Kontrollausschuss des Schweizer Nationalrats wirft dem Minister jetzt Versagen vor.
Geldwäsche funktioniert im kleinen beim Umtausch an einer Wechselstube und im großen beim Transfer von Millionensummen der Mafia auf Bankkonten. Immer geht es darum, aus einem Verbrechen gewonnenes Geld einzutauschen und über mehrere Transaktionen seine Spuren zu verwischen. Die Schweiz galt lange international als einer der bedeutenderen Zentren für solche Aktionen, bedingt durch ein strenges Bankgeheimnis und dem mehr oder weniger beweisbaren Vorurteil, dass manchmal nicht streng genug gefragt werde, wo denn die Summen herkommen, die jemand einzahlen will, oder gar wie der Kunde denn heiße.
Dies hat sich vordergründig geändert. Allein im vergangenen Jahr wurden 311 Verdachtsfälle von Geldwäsche den Behörden gemeldet, 240 näher verfolgt. Insgesamt geht es um eine Summe von umgerechnet fast 6 Mrd. Schilling.
Den strafbaren Tatbestand der Geldwäscherei gibt es in der Schweiz schon seit 1990. Jedoch erst seit drei Jahren sind mit Finanzaktionen befassten Unternehmen, Organisationen und Anwälte verpflichtet, bei Verdacht auf eine solche Straftat Meldung zu erstatten. Es drohen ihnen sonst 200.000 Franken Strafe. Während die vielgescholtenen Schweizer Banken brav ihr Soll an Meldungen mit erfüllten, weil sie die Gefahr für ihre und die Reputation des Finanzplatzes Schweiz erkannt haben, halten es die Versicherungen oder Finanzdienstleister, Treuhänder oder Anlageberater damit nicht so genau. Wenn sich ein Bankkunde in der Regel ausweisen muss, ist die Herkunft des Geldes, das Vermittler anlegen, schon schwerer zu verfolgen. Zwar gibt es in der Schweiz so genannte Selbstregulierungsorganisationen, die die Kontrollfunktionen ihrer Mitglieder überwachen. Aber dieses System weist Lücken auf, das Parlament nennt einige Finanzdienstleister sogar "renitent".
Den Statistiken der Behörden zufolge sind die meisten verdächtigten Geldwäscher Schweizer oder leben in der Schweiz. Anleger aus off-shore Finanzplätzen vermeiden verstärkt das Land, eben wegen der strengeren Gesetze. Halbiert habe sich seit 1999 auch der Anteil der Russen, denen die Konten gesperrt wurden, heißt es. Die Schelte der Parlamentskommission, das Geldwäschegesetz werde nicht konsequent genug angewandt, hat Villiger klaglos eingesteckt. Er versprach Abhilfe, mehr Leute und mehr Kontrollen. Doch ein Großteil der Schweizer Medien kritisiert den Finanzminister scharf. Er nehme die Problematik nicht ernst genug.
Derzeit geht es in Gesprächen zwischen der EU und der Schweiz wieder einmal um Zinsbesteuerung und Zollbetrug. Dabei stehen die Eidgenossen unter Druck, sich als treuer Anwender der Gesetze zu präsentieren. Sie müssen den Eindruck abwehren, die Strafverfolgungsbehörden gingen zu lasch gegen Täter vor, das Land bleibe ein Refugium für Kriminelle oder Steuerhinterzieher. Deswegen die offene Forderung des Parlamentsausschusses, dass die bestehenden Gesetze konsequent angewandt und nachgebessert werden. Denn die Schweiz ist an einem Ruf eines zuverlässigen internationalen Partners interessiert. Insofern wird die Kritik auch als Ansporn gesehen.